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Präsentation der Grossen Gewächse 2015 – Teil 2

Präsentation der Grossen Gewächse 2015 – Teil 2
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Die Pfalz hat 2015 auf grossartige Weise abgeschnitten, überrascht mit Vielfalt. Doch auch weiter südlich und östlich kann man spannende Weine finden – in Baden aus Chardonnay, in Franken aus Riesling und Silvaner. Spätburgunder aus 2014 erreichen manchmal ein eher solides als herausragendes Niveau, aber eine dunkle Spezialität aus Württemberg ist allemal für Überraschungen gut.

Kirchenstück, Pechstein oder Ungeheuer? Wenn die Pfalz an der Reihe ist, geht es bei den Verkostern vielfach auch um die Frage, welche der berühmten Forster Lagen und welcher der Erzeuger die Nase vorn hat. Die Antworten haben auch mit Geschmacksfragen zu tun, aber ganz gewiss ist, wie deutlich sich die Produzenten stilistisch voneinander unterscheiden.

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Bassermann-Jordan mit seiner feinen Präzision schmeckt nun mal konsequent verschieden von der Stoffigkeit Reichsrat von Buhls oder der würzigen Cremigkeit des Weinguts von Winning. Für mich hatte Buhl die Nase im Durchschnitt vorn, auch beim Pechstein (95). Und was die andere berühmte Lage angeht: Der Ungeheuer-Flight hatte schon was Ungeheures.

Die Underperformer sind in der Pfalz übrigens dramatisch in der Minderheit. Stattdessen überwogen die Überraschungen im positiven Sinne. Kuhn und Knipser – logisch. Aber auch Rings (Weilberg!) gefiel, Fitz-Ritter machte Spaß, und Acham-Magin sollte man nicht vergessen.

Jesuitengarten (91), Pechstein (92) und Ungeheuer (90-91) mögen nicht ganz so ausdrucksvoll sein wie absolute Spitze der Riesling-Pfalz, aber sie besitzen eigenständigen Charakter, sind würzig und haben – man darf das ja wohl noch erwähnen – ein richtig gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Typisch Idig (94), typisch Christmann präsentierte sich der entsprechende Wein (kraftvoll, nachhaltig), auch die Meerspinne im Mandelgarten fiel ausgezeichnet aus. Die Südpfalz zu vergessen, wäre ein grosser Fehler. Minges fand ich etwas verhalten, aber Rebholz sehr präsent und den Kalmit-Vertreter von Kranz ausserordentlich eigenständig: saftig, cremig, würzig (92).

Franken mit Chancen

Rot- und Weissweine aus erlesenen Trauben
Rot- und Weissweine aus erlesenen Trauben

Riesling wächst natürlich noch anderswo. Dass die fränkischen Weine selten so auffallen wie die Rheinhessischen oder die Pfälzer, muss man nicht betonen. Die Zurückhaltung liegt ihnen im Saft, und sowohl Hofkeller als auch Bürgerspital würde ich gern zu einem späteren Zeitpunkt noch mal verkosten. Weltner auch – da kann ich im Moment noch nicht jene Klasse erkennen, die ihm andere zugestehen.

Horst Sauers Riesling Am Lumpen 1655 hätte ich fast unterschätzt, aber er entwickelte sich im Glas zu einer beachtlichen Finesse. Noch etwas mehr davon brachte Paul Fürsts Centgrafenberg mit. Was die fränkischen Silvaner anging, wurde die straffe Präzision des Jahrgangs 2014 nicht durchweg erreicht, aber sehr klar und elegant und vermutlich auch langlebig sind die 2015er schon.

Die vorgestellten 2014er des Juliusspitals zeigten die Finesse des Vorgängerjahrgangs nochmals gut, aber auch der 2015er Maustal vom Zehnthof Luckert beeindruckte mit Kraft und eigenständigem Charakter.

Wirsching-Silvaner gab es leider nicht zu verkosten, die Weine von Rudolf May aber sehr wohl. Der Rothlauf (93-94) besass Schmelz, ohne auch nur im Geringsten langweilig zu wirken, war noch spannender als der duftige Langenberg Himmelspfad (92). Sauers Lumpen (93) war auch hier eine Bank.

Quo vadis Baden?

Die badischen Grossen Gewächse spielten leider keine grosse Rolle. Was manchmal an der fehlenden Eigenständigkeit der Weine lag, aber auch daran, dass sie sich teilweise noch nicht im Bestzustand präsentierten.

Beim Riesling wie beim Grauburgunder (Schlossberg!) machte Heger Spaß, die 2014er von Huber zeigten eine enorme Stoffigkeit, entwickelten sich im Glas, waren in der Spitzen grandios (Bienenberg: 95-96). Bei anderen Erzeugern würde ich mir erlauben, noch Potenzial zu konstatieren: Heitlinger, Blankenhorn, das Staatsweingut, aber auch Bercher habe ich nicht allzu hoch bewerten können.

Vor allem beim Grauburgunder fehlt den meisten Produzenten offensichtlich die Idee, was sie aus der Sorte machen könnten. Auch bei den Württembergern ist im weissen Bereich nicht alles Gold: Dautels Riesling gefiel, Aldingers Vertreter aus der Lage Gips auch.

Rot und elegant

2014 ist nicht durch die Bank ein Jahrhundertjahrgang, was Spätburgunder, Frühburgunder und andere Sorten angeht. Ehrlich gesagt war ich sogar enttäuscht, als ich die Ahr durchprobiert hatte. Saubere Eleganz, ja, aber etwas wenig, um als richtig spannend zu gelten. Die Nichtspannung war sogar weingutsüberschreitend vorhanden.

Auch im Rheingau war nicht alles genial, in Franken dagegen überwogen die Erfreulichkeiten, in Rheinhessen sah es gut aus. Neus (!), St. Antony, Gutzler haben schöne Rote auf die Flasche gezogen, und Kellers Morstein (93-94) mit seiner kühlen Kirschfrucht und der straffen Art machte mehr Spass als alle Ahr-Burgunder zusammen.

Finesse gab es in Franken, Kraft in der Pfalz, wenn auch in der Spitze aus anderen Jahrgängen. Toll die 2013er von Becker, grandios die 2012er (!) von Knipser, zuvorderst der Mandelpfad.

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Zum Schluss setzten die 2014er Lemberger aus Württemberg Ausrufezeichen: Drautz-Able mit seinem Scheuerberg, Dautel mit dem Michaelsberg, Ellwanger mit dem Lichtenberg: feine, klare, präzise Rotweine. Im Lämmler-Flight hatten Aldinger und Schnaitmann die Nase vorn. Man sollte mehr Lemberger kaufen!

Besonders empfehlenswerte Grosse Gewächse aus den Rebsorten Riesling, Silvaner und Chardonnay sowie Spätburgunder und Lemberger:

Pfalz
Weingut Christmann, www.weingut-christmann.de
Weingut Reichsrat von Buhl, www.von-buhl.de
Weingut Bassermann-Jordan, www.bassermann-jordan.de
Weingut Kranz, www.weingut-kranz.de
Weingut Acham-Magin, www.acham-magin.de
Weingut Becker, www.friedrichbecker.de

Franken
Weingut May, www.weingut-may.de
Weingut Fürst, www.weingut-rudolf-fuerst.de
Weingut Horst Sauer, www.weingut-horst-sauer.de

Baden
Weingut Huber, www.weingut-huber.com
Weingut Dr. Heger, www.heger-weine.de

Württemberg
Weingut Aldinger, www.weingut-aldinger.de

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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