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Rosé für Kenner – weitaus mehr als nur Lückenfüller

Rosé für Kenner – weitaus mehr als nur Lückenfüller
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Die pinken Weine gelten oft als sommerliche Lückenfüller. Nicht wirklich ernst zu nehmen und nur für den Durst zwischendurch zu gebrauchen. Wer käme auch schon auf die Idee, seinen Rosé für ein paar Jahre in den Keller zu legen oder diesen sogar im feinen Restaurant zu bestellen? Obwohl man genau dies tun sollte: Die Welt der nicht ganz roten und nicht mehr weißen Weine ist nämlich ungeheuer vielfältig geworden.

Auf den Weinkarten dieser Welt fällt die Abteilung Rosé in aller Regel winzig aus. Mehr als drei, vier pinke Sorten haben auch hochklassige Lokale nicht zu bieten. Andererseits ist er immer zumindest in einem Pflichtexemplar vorhanden, dieses angebliche Mittelding aus Weiß- und Rotwein, das in Wirklichkeit gar kein Zwitter ist, sondern eine eigenständige Weinkategorie. Frisch und duftig, mit leichten Gerbstoffen und attraktiver Kirsch- oder Beerenfrucht. Im schlechten Falle langweiliger Mainstream, aber im besten Falle unverwechselbar und spannend.

ROSÉ FÜR DIE GANZ MUTIGEN

Doch einen Rosé zu bestellen, muss man sich erst mal trauen. Im Restaurant wird man in diesem Falle schon mal vom Kellner schief angeschaut und von Gästen am Nachbartisch, die vielleicht alten (roten!) Bordeaux oder teuren (weißen!) Burgunder auffahren lassen, mitleidig belächelt. Aber sollen sie doch ruhig grinsen, die Traditionalisten. Schließlich sind Rosés nicht nur im Trend, sondern manchmal auch richtig prestigeträchtig.

Rosé-Champagner ist häufig teurer als sein weißes Pendant und manchmal sogar besser. Dass der Schuss Rotwein, der den weißen Schampus häufig zum Rosé aufpeppt, nicht nur Farbe, sondern auch Komplexität steigert, ist kaum von der Hand zu weisen.

HOLZ ODER TERROIR?

Doch auch abseits der schäumenden Weine kann Rosé satisfaktionsfähig sein. Es muss ja nicht der Kultwein der Domaine de l’Horizon aus dem Roussillon-Städtchen Calce sein – der ist, weil jedes Jahr nur kleinste Mengen erzeugt werden, eh kaum aufzutreiben. Auch der Rosé des provenzalischen Weinguts Ott besitzt eine nicht zu vernachlässigende Qualität. Doch da wäre ja noch das Château d’Esclans, jenes von Sacha Lichine als Rosé-Spezialist im Süden Frankreichs betriebene Unternehmen. Lichines Garrus, die Crème de la crème, wird in neuen und einmal gebrauchten 600-Liter-Fässern ausgebaut und mittels Bâtonnage verfeinert.

Das Ergebnis ist unzweifelhaft komplex und besitzt eigentlich nur einen einzigen Nachteil, der allerdings bei einer bestimmten Zielgruppe auch als Vorteil durchgehen kann: Er ist teuer. So teuer, dass er als einer der luxuriösesten Rosés dieser Erde gilt.

Dann vielleicht doch lieber, sofern es nicht zwingend hochpreisig sein muss, der Redoma von Portugals Experimentalwinzer Nr. 1, Dirk van der Niepoort: Den gibt es in weiß und rot und, was kaum einer ahnt, in einer rosa Version. Mit einer Würze, die dem dezenten Ausbau im Barrique, den zahlreichen verwendeten Traubensorten und dem Douro-Terroir zu verdanken ist.

SÜSSE? JA BITTE!

Wenn es kein Holz sein soll, dann vielleicht ein bisschen Süße? Stimmt die Balance zwischen Frucht, Zucker und Säure, gehört halbtrockener oder noch süßerer Rosé zu den attraktivsten Weinen der Welt. Zum Beispiel in Spät- oder Auslese-Qualität – wie sie dann und wann von deutschen Weingüter erzeugt wird.

Manchmal ist das eine Notlösung – etwa wenn die Trauben zu viel Edelfäule aufweisen, um als trockener Rotwein vinifiziert zu werden –, manchmal Absicht. Ein Muskattrollinger mit etwas mehr als 20 Gramm Restzucker, wie ihn die Württemberger Privatkellerei Storz für wenige Euro auf die Flasche bringt, ist als süffiger Sommerwein nicht zu schlagen; die zarte Süße kontrastiert auf ideale Weise mit dem Muskataroma der Trauben.

Sollte da im Restaurant jemand schief schauen, wenn Sie so was genüsslich leeren, lassen Sie ihn am besten mal probieren. Und erzählen Sie ihm gleich mal, dass es als feudaler Apéro nicht Champagner sein muss, sondern auch Rosé-Sekt aus deutscher Produktion sein darf.

Sofern er, wie beim Sektgut Solter in Rüdesheim, mit Qualitätsbewusstsein erzeugt wurde. Solters lachsrosa schimmernde Lilly wurde jahrelang auf der Hefe gelagert und erst spät degorgiert. Der 2004er ist jetzt wunderbar zu trinken und beweist auch dem allerletzten Skeptiker, dass Rosé nicht zwangsläufig in den Monaten nach der Abfüllung konsumiert werden muss.

Château d’Esclans, www.esclans.com

Privatkellerei Storz, www.privatkellerei-storz.de

Niepoort, www.niepoort-vinhos.com

Sekthaus Solter, www.sekthaus-solter.de

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

Kommentare

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Shelia

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Annett

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Oren

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Frieder Zimmermann

2015 hat der Decanter 513 Auszeichnungen für Rosé vergeben, davon 7 mal Gold. Gegenüber 6179 Auszeichnungen für Rotweine ist das zwar nicht allzu viel, zeigt doch aber das es viel sehr gute Rosé gibt.

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