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Stein, Beton oder Ton – Es muss nicht immer Barrique sein

Stein, Beton oder Ton – Es muss nicht immer Barrique sein
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Weinausbau ohne Barriquefässer ist für viele Winzer unvorstellbar. Doch Kraft und Würze entstehen auch durch die Vinifikation in grossen Holzfudern oder im Stahl. Und wer Amphoren, Steingutbehälter und Beton verwendet, beweist zumindest Einfallsreichtum.

Keiner zweifelt daran, dass Aurelio Montes junior einige der besten Rotweine Südamerikas herstellt. Für den Ausbau ist das kleine, mit reichlich Feuer getoastete Barrique unverzichtbar. So selbstverständlich, dass Montes die Frage eines Journalisten, ob nicht auch andere Methoden der Vinifikation denkbar wären, mit deutlicher Verwunderung beantwortete.

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Für seine Weine, so der chilenisch-argentinische Entrepreneur, sei das Barrique die beste Variante des Ausbaus. So ähnlich denken auch viele Winzerkollegen in aller Welt. Zumindest, wenn es um grosse Rotweine und um weisse Spitzenerzeugnisse geht.

Von Vanillearomen und dem Sauerstoffaustausch

Doch zumindest ein paar Rotweinwinzer und ihre weissen Sorten ausbauenden Kollegen bezweifeln neuerdings diese Grundregel und stornieren ihre Barriquebestellungen.

Die innen ausgebrannten Fässchen, die oft 225 Liter fassen, aber auch in anderen Grössen verfügbar sind, verleihen dem Wein nämlich häufig Toast- und Rauchnoten, Anklänge an Speck und Vanille, Nelkenwürze oder gar Spuren von Zimt und Piment. In geringen Dosen mag dies durchaus angenehm sein, in allzu hohen wird die Sache langweilig.

Soll ein Spitzenwein denn wirklich schmecken, als röche man an einem frisch entzündeten Kaminfeuer? Nein, meint so mancher Kreative in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich und erklärt, dass es ja in erster Linie um das ginge, was man als zweiten Vorteil des Barriques ansehen kann.

Das Holz verleiht ja nicht nur Aromen, sondern sorgt dank seiner Poren auch für einen sehr dezenten Sauerstoffaustausch. Auf diese Weise erhält der Wein nach Ansicht vieler Experten eine komplexe Struktur, innere Tiefe.

Es geht auch ohne Holz

Stahltanks für den Weinausbau
Stahltanks für den Weinausbau

Doch genau diese Vorzüge bringen, hat man längst herausgefunden, auch andere Materialien mit ins Spiel. Jenes 600 Liter fassende Steingutgefäss etwa, das die Pfälzer Winzerin Tina Pfaffmann nutzt, um in ihm einen aussergewöhnlichen Riesling auszubauen.

Eher dem Zufall als langer Planung geschuldet, denn das Behältnis war ohnehin vorhanden, sollte ursprünglich für die Aufbewahrung von Bränden genutzt werden. Doch was mit Schnaps geht, klappt auch mit Traubenmost. Das Ergebnis überzeuge sie, so Pfaffmann.

Tut es so manchen Kollegen auch beim Beton. Es ist kein neuer Stoff. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich vielfach die Erkenntnis durch, dass Betontanks die Zukunft darstellten. Billig, leicht zu reinigen. Allerdings auch massiv, unbeweglich und ebenso hermetisch abgeschlossen, wie es der später aufkommende Stahltank war.

Luftaustausch war nicht möglich, denn der Beton wurde innen mit Emaille verkleidet. Bis Beton ohne Beschichtung aufkam, dauerte es dann noch lange, und die Innovativen unter den Winzern wurden schräg angeschaut, als sie sich vor ein paar Jahren Beton-Eier in den Keller stellten.

Beton, weil es durch feinste Poren Sauerstoff eindringen lässt; die Ei-Form, weil sie etwa für das österreichische Weingut Meinklang philosophische Hintergründe aufweist. Der goldene Schnitt, schwärmt dessen Winzer Werner Michlits, eine besondere geometrische Form.

Kritiker dagegen bezweifeln, dass die eindringende Luft allzu viele Auswirkungen auf den Wein habe und finden es problematisch, dass der im Beton enthaltene Kalk die Säure des Weines vermindert. Doch ungeachtet aller theoretischer Ausführungen: Was der Österreicher Michlits und der Franke Rainer Sauer aus dem Beton-Ei abfüllen, erreicht höchste Klasse.

Amphoren? Ja, aber bitte aufpassen!

Amphoren aus Ton für den Weinausbau
Amphoren aus Ton für den Weinausbau

Dass sich Beton-Eier über ganz Europa ausbreiten, bald in allen Kellern stehen, ist allerdings schon der hohen Anschaffungskosten wegen nicht zu erwarten. Ebenso dürften auch Amphoren Liebhaberobjekte bleiben. Man unterscheidet bei diesen antik anmutenden Behältern die georgischen und die spanischen.

Erstere müssen eingegraben werden, da ansonsten ihre dünne Aussenhaut zerbrechen würde, die anderen stehen von selbst. Klar ist, dass der verwendete Ton in beiden Fällen poröser ist als Beton, weshalb sich diese Form des Materials vor allem für den dezent oxidativen Ausbau eignet.

„Unsere Amphorenweine in rot und weiss bleiben zwischen sieben und neun Monaten auf der Maische“, sagt der Walliser Winzer Amédée Mathier. „Ein Ausbau wie vor Jahrtausenden.“ Ähnlich handhabt es auch Bernhard Ott, schwergewichtiger Erzeuger aus dem österreichischen Wagram. Sein monatelang im Ton reifender Wein der Sorte Grüner Veltliner erhält auf diese Weise einen speziellen Charakter, besitzt eine enorme Würze.

Dass sich Winzer Aurelio Montes hingegen überzeugen lässt von einem Ausbau in Amphoren, in Betonbehältern oder im Steingut, ist unwahrscheinlich. Doch man muss ja nicht aufs Ganze gehen, könnte auch beim Holz bleiben und statt Barriques grosse, ungetoastete Fässer einsetzen. Und selbst mit Stahltanks lassen sich Spitzenergebnisse erzielen, auch beim Rotwein.

Der Tessiner Winzer Enrico Trapletti beschloss schon vor vielen Jahren, eine seiner besten roten Abfüllungen nicht im Barrique, sondern im Stahl zu lagern. Struktur und Tannine, so der Schweizer, der gern wider den Stachel löckt, erreiche man auch auf diese Weise – und ganz ohne Vanillenoten und Toastanklänge!

Wein aus dem Steingut: Weingut Pfaffmann www.wein-pfaffmann.de
Wein aus der Amphore: Weingut Albert Mathier & Söhne, www.mathier.ch und Weingut Ott, www.ott.at
Wein aus dem Beton: Weingut Rainer Sauer, www.weingut-rainer-sauer.de und Weingut Meinklang, www.meinklang.at
Wein aus dem grossen Fass: Weingut Trapletti

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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