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Von Crémant bis Champagner – Hochwertiges liegt im Trend

Von Crémant bis Champagner – Hochwertiges liegt im Trend
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Champagner ist auch im deutschsprachigen Raum zum Ausdruck eines unbeschwerten Lebensstils geworden. Wem der Schaumwein aus dem Norden Frankreichs allerdings noch zu luxuriös sein sollte, kann zu immer mehr ausgezeichneten Crémants und Sekten greifen. Undosiert-puristisch oder verführerisch duftig.

Man kann Mark Barth nicht vorwerfen, dass er stur sei oder ein Lernverweigerer. Der Betriebswirt hat sich, um aller Welt das Gegenteil zu beweisen, die Kenntnisse des Sektmachens im zweiten Bildungsweg angeeignet. Musste er wohl auch, denn er heiratete als Branchenfremder in eine etablierte Winzerfamilie ein. Gemeinsam entwickelten die beiden Generationen das Rheingauer Wein- und Sektgut zu einem der besten der Region.

Was auch an den immer feineren Schaumweinen liegt. War der erste Prestigesekt namens Primus, hergestellt aus einem Grossen Gewächs, noch etwas üppig und mächtig, liess Trinkfluss und Eleganz vermissen, ist heute alles anders. Vom eigenwilligen Rotsekt mit Walnuss-Touch – perfekt zum Wildbraten mit Preiselbeeren – bis zum in Magnums abgefüllten Top-Sekt: Die Qualität ist hoch.

Spitzensekte sind im Kommen – auch der Preise wegen

Und die Kosten? Erschwinglich. Kann man eigentlich von allen guten deutschen Sekten behaupten, denn preisliche Auswüchse, wie sie bisweilen in der Champagne existieren, sind zwischen Mosel und Württemberg unbekannt. Selbst die rarsten Sammlerstücke bleiben bezahlbar. Das, was im Pfälzer Weingut Buhl oder, 60 Monate auf der Hefe gereift, im Nahe-Schlossgut Diel entsteht, hat zwar seinen Preis – doch der ist niedrig, rechnet man Aufwand und Mühen zusammen.

Es ist ja nicht nur die obligatorische Sektsteuer, die noch immer auf jeder deutschen 0,75-Liter-Schaumweinflasche in Höhe von 1,02 Euro lastet. Die ganze Wartezeit, das mühsame Rütteln der reifenden Flaschen, das Degorgieren und das Abfüllen in nicht ganz billige dickwandige Gefässe: Muss alles bezahlt werden.

Mark Barth macht keinen Hehl daraus, dass immer noch Handarbeit Trumpf ist im Betrieb, dass sich die Mengen nicht einfach so steigern lassen. Zumal ja am Schluss nichts Besseres rauskommen kann, als am Anfang der zweiten, der wichtigen Gärung in die dicke Flasche wandert. Die Grundweine sind das Geheimnis!

Hochwertiger Sekt liefert ein prickelndes Gefühl
Hochwertiger Sekt liefert ein prickelndes Gefühl

Vorbild Champagne – oder Pfalz

Weiss ja keiner besser als Mathieu Kauffmann, der Kellermeister des Pfälzer Weinguts Reichsrat von Buhl. Früher war der Elsässer Chef de Cave des noblen Champagnerhauses Bollinger, dann verliess er nach Differenzen über die Politik des Hauses Region und Land, heuerte im idyllischen Deidesheim an und zeigte den Deutschen, wie man Sekt machte. Das hatten vor fünf Jahren noch nicht alle raus; etliche wissen es immer noch nicht. Kauffmann aber weiss es und lächelt nur zurückhaltend, fragt man ihn nach seinen Rezepten.

Aber eigentlich bedarf es keiner ausführlichen Erklärungen, denn jeder ahnt es, kostet er sich durch. Es ist die Frische, die vor allem der Säure zu verdanken ist, dem richtigen Lesezeitpunkt der Trauben, in Verbindung mit der idealen Lagerzeit. Hefewürze und die nach langer Reife entstehenden Mannoproteine, die Kontrapunkte setzen. Am Schluss stehen, wenn alles gut läuft, Komplexität und Nachhaltigkeit.

Süsse muss nicht sein – aber kann!

Der fertige Sekt muss nicht mal zwingend dosiert, also mit einer Zuckerlösung ergänzt werden. Wenn die Substanz stimmt, geht es auch ohne Schminke. Der Ultra brut aus der Barthschen Sektschmiede beweist es, der Zéro von Jean-Paul Schmitt aus dem Elsass ebenfalls. Sektkultur beschränkt sich ja nicht auf Deutschland, sondern findet auch in den Nachbarländern statt. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl werden in Luxemburg wohl mehr gelungene Crémants hergestellt als in Frankreich, aber Prachtvolles gibt es auch in der Bourgogne, in Bordeaux oder im Jura.

Ein Schuss Süsse kann übrigens durchaus Sinn ergeben, auch wenn der Zeitgeist eher in Richtung konsequenter Trockenheit geht. Dem feinen Elbling-Crémant des Obermosel-Weinguts Karl Sonntag kann man eine Spur Zucker anschmecken, dem duftigen Muskateller des Württemberger Weingut Heinrich sogar eine deutliche Süsse. Steht dieser Spezialität gut und könnte dazu beitragen, dass der deutsche Sektkonsum wieder ansteigt. In den vergangenen Jahren ging er nämlich zurück – von 4,2 Litern pro Kopf 2012 auf 3,7 im Jahr 2016. Weniger trinkt man, aber Besseres! Die Schweizer dagegen haben ein Faible für Qualität wie Quantität: In den vergangenen Jahren kletterte der schweizerische Konsum von Schaumwein langsam, aber stetig auf heute mehr als 187.000 Hektoliter im ganzen Land.

Und auch der klassischste aller Gattungsvertreter hat daran nach wie vor seinen Anteil: Champagner. Jener der grossen Marken oder der von kleinen, feinen Herstellern. Darf es ein (fast) reinsortiger Pinot Meunier aus Bio-Produktion von Françoise Bedel sein? Ein unerhört kraftvoller und doch eleganter Larmandier-Bernier? Einige der allerbesten Champagner sind mitten in Zürich zu haben, günstig und begleitet von vorzüglicher Küche. Im Restaurant Gustav hat man nicht weniger als 130 Sorten auf die grösste Champagnerkarte der Schweiz gepackt und extrem fair kalkuliert. „Wir wollen, dass die Gäste den Champagner auch wirklich trinken“, sagt Küchenchef Antonio Colaianni. Tun sie. Und wie!

 

Deutsche Sekte

Ultra brut & Primus, Weingut Barth, www.weingut-barth.de
2014 Riesling brut, Weingut Reichsrat von Buhl, www.von-buhl.de
2008 Riesling Goldloch, Schlossgut Diel, www.diel.eu
Elbling Crémant brut, Weingut Karl Sonntag, www.weingut-sonntag.de
Muskateller Sekt trocken, Weingut Alexander Heinrich, www.weingut-heinrich.com
Cuvée Louis, Andres & Mugler, www.andresundmugler.de

Crémants aus Frankreich und Luxemburg

2013 Cuvée Millesimée, Bernard-Massard, www.bernard-massard.lu
Riesling Crémant zéro, Domaine Jean-Paul Schmitt, www.vins-schmitt.com
Crémant Chardonnay extra brut, Domaine Boeckel, www.boeckel-alsace.com

Champagner

Inattendue, Champagne Huré Frères, www.champagne-hure-freres.com
Latitude, Domaine Larmandier-Bernier, www.larmandier.fr
Dis, “Vin secret”, Françoise Bedel, www.champagne-bedel.fr

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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