Weiterbildungen im Weinbereich können auf sehr unterschiedliche Weise erfolgen: an Volkshochschulen mit Teilnahmezertifikat, bei Privatpersonen mit mehr oder weniger bedeutenden Kenntnissen oder auf Akademien mit offiziellem Anstrich. Mancher Titel kann den Weg zu einer erfolgreichen Karriere in der Gastronomie oder im Event-Business ebnen, doch mit einem Önologiestudium sollte man keinen der zahlreichen Kurse verwechseln.
Schloss Vollrads im Rheingau war wieder mal prächtig hergerichtet, die Urkunden lagen parat. Dr. Josef Schuller, Chef der österreichischen Weinakademie, hatte sich vorbereitet, ernannte allerlei Frauen und Männer zu Weinakademikern. Die Geehrten platzten vor Stolz, man prostete sich zu und begab sich anschliessend zur Party im Rüdesheimer Weingut Breuer. Bis man sich an die neue Würde gewöhnt hatte, soll es früher Morgen geworden sein.
Das österreichische Rezept
Dass ausgerechnet eine österreichische Weinschule internationalen Ruhm erwerben konnte, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz, ist mit Gespür und Geschäftssinn am ehesten zu erklären. Die in Rust am Neusiedlersee ansässige Weinakademie jedenfalls sorgt mit Kooperationen – in Deutschland mit der Fachhochschule in Geisenheim – für Anerkennung. Weinfortbildung wurde auf eine früher nicht gekannte Weise formalisiert und auf ein Niveau gehoben, das auf den ersten Blick universitären Charakter besitzt.
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Auf den zweiten ist der Weinakademiker mitnichten ein Akademiker und die Ausbildung kein Studium, was aber kaum jemanden anficht. Wer die verschiedenen Level hinter sich gebracht hat – vom Einsteigerseminar übers sogenannte Advanced bis zum Diploma, das nach oft zweijähriger berufsbegleitender Ausbildung verliehen wird und mit dem Begriff Weinakademiker verbunden ist –, gehört offiziell zu den Hardcore-Weinkennern. Wie man Trauben keltert, muss ein Weinakademiker zwar nicht im Detail wiedergeben, doch über Rebsorten und Anbaugebiete weiss er Bescheid, auch Verkostungstechniken werden strikt geübt.
Genau das Richtige also für Weinhändler und Gastronomen; auch wer hinterher selbst Schulungen abhalten will, kämpft sich gern durch die nicht ganz billige Ausbildung, die sowohl in Geisenheim als auch im schweizerischen Wädenswil und im österreichischen Rust angegangen werden kann.
Während der Begriff Weinakademiker in Deutschland und in der Schweiz noch ein Nischendasein führt, ist er in Österreich sehr beliebt. Der in Grossbritannien ansässige Wine & Spirit Education Trust wiederum hat das Diploma erfunden – mit dem kann man sich ausserhalb des deutschen Sprachraumes als Kenner ausweisen kann.
Sommeliers und die IHK
Wer in Restaurants oder Weinbars arbeitet oder gar selbst einen gastronomischen Betrieb leitet, hat aber noch weitere Fortbildungsmöglichkeiten. Sommelier darf sich zwar jeder nennen, doch der IHK-geprüfte Sommelier gilt als besonders zuverlässig – egal, ob er die Kenntnisse für seinen Titel berufsbegleitend oder im Vollzeitstudium erwirbt.
Die Deutsche Wein- und Sommelierschule in Koblenz und die Heidelberger Hotelfachschule sind in Deutschland Prestigeadressen, auch das International Wine Institute in Bad Neuenahr hat sich die Sommelierausbildung auf die Fahnen geschrieben, lässt Neugierige schon mit der Ausbildung zum Commis Sommelier starten.
Eine Vorbildung als Restaurantfachmann oder -frau ist übrigens nicht zwingend vorgeschrieben, mit einigen Jahren praktischer Erfahrung kommt man ebenfalls weiter, darf sogar irgendwann die international bedeutende Fortbildung zum Master Sommelier beginnen.
Irgendwie Master
Genau dafür muss man zwar nach Großbritannien oder in die USA reisen, doch wer den prestigeträchtigen Titel Master Sommelier eingeheimst hat, gilt in der Weinszene als ähnliche Koryphäe wie derjenige, der sich im Master-of-Wine-Studium geplagt hat.
Das Londoner Institute of Masters of Wine kann man beispielsweise mit dem Weinakademiker-Titel ansteuern, sollte sich dann aber auf einige Jahre des Studiums, auf zahlreiche Reisen und teure Verkostungen gefasst machen. Insider rechnen mit wenigstens 50.000 Euro, die unter dem Strich zu investieren sind und die Ausbildung für fast alle unerschwinglich machen, die nebenbei eine Familie ernähren müssen. Mit dem Master-of-Wine-Titel, den man nach Diplomarbeit und mündlichen Prüfungen verliehen bekommt, sofern man Glück hat und nicht durch Selbige rasselt, kann man sich anschliessend im Weinhandel oder als Seminarleiter etablieren.
Für den «MW» gilt freilich, was auch für den Weinakademiker berücksichtigt werden sollte: Mit einem offiziellen Hochschulstudium im Weinbereich hat die Londoner Weiterbildung nichts zu tun.
Keine Titel nötig
Ganz ohne kostenintensive Ausbildungen und Diplomarbeiten geht es natürlich auch. Unzählige Wein- und Volkshochschulen bieten ihre Kurse an, manche mehr, andere weniger professionell. Während einige ein Team aus freiberuflichen Dozenten versammeln, werden andere von Einzelpersonen wie den Deutschen Wolfram Römmelt und Wolfgang Staudt geführt, nicht wenige sind selbst Weinakademiker.
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Auch das Deutsche Weininstitut kümmert sich um die Fortbildung und veranstaltet Seminare. Doch auch hier gilt, was man im ‚normalen’ Leben immer berücksichtigen sollte: Allein auf die Titel der Dozenten sollte man sich nie verlassen.
Aus- und Fortbildung in Deutschland, der Schweiz und Österreich:
Weinakademie, www.weinakademie.at
Hotelfachschule Heidelberg, www.hotelfachschule-heidelberg.de
Deutsches Wein-Institut, www.deutscheweine.de
Deutsche Wein- und Sommelierschule, www.weinschule.com
International Wine Institute, www.iwi-edu.eu
Vinosum, www.vinosum.de
Wolfgang Staudt Weinseminare, www.staudt-weinseminare.de
Weinakademie ADV, www.advcampus.com
Ecole du Vin de Genève-Lausanne-Evian, www.ecoleduvin.ch
Weiterbildung im vereinigten Königreich oder in den USA:
Wine & Spirit Education Trust, www.wsetglobal.com
The Court of Master Sommeliers, www.mastersommeliers.org
Institute of Masters of Wine, www.mastersofwine.org
Die Titel, die keine Titel sind!
Erfrischend zu lesen, Fortbildungsirrsinn als Business mit eher theoretischen Qualifikationssprüngen, der nicht selten dann in euphorisch übermotivierten Weinkellner(n)(innen) und sonstigen "Experten" sowie endlosen, didaktischen "Wein-Menüs" mündet.
Eine eigenständige Branche längst in vielen Ländern, für mehr oder weniger brauchbare Zertifikate gegen Gebühr.
Michael Holzinger