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Alentejo – zwischen Vergangenheit und Zukunft

Alentejo – zwischen Vergangenheit und Zukunft
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Das im Südosten Portugals gelegene Anbaugebiet bewegt sich wie kein zweites im Lande zwischen Tradition und Moderne. Alte Rebsorten und neue Versuche, jugendliche Weinmacher und ehrwürdige Grossgrundbesitzer machen das Alentejo zu einer der interessantesten Weinregionen Europas.

Käme ein EU-Kontrolleur des Weges und sähe er, auf welche rustikale Weise im Landgut Comenda Grande die Würste gefüllt werden, würde er wohl sorgenvoll schauen. Obwohl man hier sauber und professionell arbeitet, besitzen die Arbeitsräume doch historischen Charme, die Därme stopfenden Frauen hocken auf niedrigen Schemeln und wühlen in fleischgefüllten Schüsseln.

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Manchenorts tickt der Südosten Portugals tatsächlich noch wie in grauer Vorzeit, da und dort im Alentejo scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Die handwerkliche Form der Wursterzeugung jedenfalls lassen sich die Einheimischen nicht nehmen, das Schimpfen auf die Europäische Union auch nicht.

Alles ist übrigens komplett legal im Weingut, das auch Schaf- und Rinderzucht betreibt, das Oliven und Korkeichen kultiviert: Die Würste dienen nur dem Eigenverzehr und der Bewirtung von Gästen, schmecken so authentisch, wie es schon längst aus der Mode gekommen ist.

Dass es im Anschluss an die Schweinereien beim Mittagessen auch Lammfleisch gibt, ganz zum Schluss die legendären Pasteis de Nata, die süssen Knusprigkeiten, steht ausser Frage. Man liebt die Tradition auf Comenda Grande, wo Maria de Lourdes S.A. de Noronha Lopes und Gatte António Lopes das Heft in der Hand behalten und sich von ihren Söhnen unterstützen lassen.

Persönliches Engagement

Rinderzucht in Alentejo - Portugal
Rinderzucht in Alentejo – Portugal

Wie lohnend Weinbau sein kann im Alentejo, nördlich der Algarve, östlich von Lissabon, wussten schon die Römer. Erst im 20. Jahrhundert machten Anweisungen aus der Hauptstadt die Sache schwierig.

Zur Kornkammer des Landes sollte das Alentejo werden, diktierte man einst, viele Reben wurden herausgerissen, der Weinbau in weiten Teilen der Region aufgegeben oder auf ein Minimum reduziert.

Doch in den letzten beiden Jahrzehnten ging es wieder aufwärts und das in einem erstaunlichen Tempo. Nicht nur auf Comenda Grande, auch bei Fitapreta. António Maçanit und der mittlerweile überraschend verstorbene David Booth gründeten die Bodega 2004. Heute ist die jugendliche Sandra Sárria für den Ausbau der Weine zuständig und überrascht sofort mit jener Nonchalance, mit der Tradition und Moderne im Alentejo öfter mal vermischt werden.

«Sexy» heisst eine grell etikettierte Weinlinie, deren Herkunft man eher in Australien oder Kalifornien vermuten würde, doch auch dem Amphorenausbau ist man zugeneigt und beweist das mit den finessenreichen, unter dem Titel Palpite abgefüllten Weinen. Kein modischer Gag übrigens, schliesslich wurde diese Form der Vinifikation immer schon gepflegt im Alentejo, nie vollends aufgegeben.

Alte Sorten, neue Methoden

Dass zur Tradition auch die alten Rebsorten der Gegend zählen, ist für manche Winzer selbstverständlich, während andere eher auf moderne Varietäten wie Cabernet Sauvignon oder Syrah setzen. Paulo Laureano ist einer, der sich auf die Klassik konzentriert, der Rebsorten wie Aragonês, Alicante Bouschet und Trincadeira im roten Bereich schätzt und im weissen auf Antão Vaz, Arinto oder Roupeiro zurückgreift.

Die Schieferböden von Vidigueira helfen ihm bei der Erzeugung frischer, animierender Köstlichkeiten ohne vordergründige Holznoten, aber auch anderswo sorgt Laureano für Erfolge.

Ausser den eigenen Reben unterstützt er auch die von Kollegen bei der Produktion feinster Trauben, arbeitet als einer der namhaftesten Berater Portugals und versteht es immer wieder, die Weine nicht zu mächtig werden zu lassen. Eine Herausforderung in der Hitze des Südens, der gerade mal wieder unter Wassermangel leidet: Der Winter 2016/2017 fiel niederschlagsarm aus.

Quereinsteiger und Entrepreneure

In Portalegre, einer der Teilregionen des Alentejo, ist man bezüglich Frische auf der sicheren Seite. Hoch hinauf geht es hier, wo noch alte Weinberge, knorrige Reben existieren. João Afonso, eigentlich Weinjournalist, kann die Frage nach den Sorten nicht mehr hören. Rund 15 verschiedene, angepflanzt im Gemischten Satz, seien in seinem Rotwein enthalten, den er mit Hilfe des Douro-Önologen Dirk van der Niepoort zu einer verblüffend feinen, duftigen und eleganten Entdeckung macht.

Sein kleines Weinbauprojekt Cabeças do Reguengo wird man sich merken müssen, auch des Schaumweines wegen, der voller Kräuterwürze daherkommt. Vielleicht steigt auch Tiago Cabaço, Chef einer schicken neuen Winery unterhalb von Estremoz, demnächst in diese Liga auf. Seine Abfüllungen tragen bisweilen coole Namen wie «.com» oder «blog», besitzen beachtliche Qualität, ohne bislang an die Individualität der Laureano-Afonso-Weine heranzukommen.

Ein bisschen mehr Finesse und Individualität müssen sie auch auf Cartuxa noch in ihre technisch tadellosen Cuvées hineinarbeiten, doch in dem gewaltigen, als Stiftung geführten Klosterkomplex bei Évora sind die Voraussetzungen gegeben. Die Spitze zählt jetzt schon zum Teuersten und Kultigsten, was man im Alentejo kaufen kann.

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So kostbar ist der rote «Pera Manca», so begehrt, dass ihn selbst der angereiste Journalist nicht zu verkosten bekommt. Ob er die Reise in den portugiesischen Südosten allein lohnen würde, kann er folglich nicht sagen, aber dass der Ausflug in diese sehenswert dynamische Weinbauregion ein Erlebnis war, steht für ihn fest.

Empfehlenswerte Weingüter und Winzer im Alentejo

Comenda Grande, www.comendagrande.pt
Fitapreta, www.fitapreta.com
Paulo Laureano, www.paulolaureano.com
Tiago Cabaço, www.tiagocabacowinery.com
Cabeças do Reguengo, www.cabecasdoreguengo.com
Cartuxa, www.cartuxa.pt

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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