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Christina Hilker erklärt den Mythos des Sommerweins

Christina Hilker erklärt den Mythos des Sommerweins
Copyright Alexander Droller

Alljährlich im Sommer fragen sich viele Verbraucher, welcher Wein denn nun zu Hitze und Sonnenschein passt, was sich mit Grillgerichten und Terrassenflair kombinieren lässt. Die einen bevorzugen leichte Weissweine, die anderen schwören darauf, dass auch ein roter Tropfen als Sommerwein herhalten dürfe. Und eine dritte Fraktion bestreitet rundherum die Existenz eines Juli-bis-September-Getränkes! Sommelière Christina Hilker gibt Antworten auf die drängendsten Sommerwein-Fragen und verrät ihren Terrassenfavoriten.

Wolfgang Fassbender: Frau Hilker, gibt es eigentlich Sommerweine, oder handelt es sich um ein Sommermärchen?

Christina Hilker: Meist verbinden wir mit dem Sommer Wärme, Urlaub und eine unbeschwerte Zeit. Ein dazu passender Wein sollte in meinen Augen frisch, unkompliziert und leicht sein. Wenn man diese Weine als Sommerwein betiteln möchte, spricht nach meiner Auffassung nichts dagegen.

Wolfgang Fassbender: Sind Sommer- oder Terrassenweine nur Weiss- und Roséweine, oder kommen bei gehobenen Temperaturen auch Rotweine infrage?

Christina Hilker: Natürlich, leicht gekühlte Rotweine aus den Traubensorten Gamay, Pinot Noir und auch aus der in Württemberg zu findenden Trollingertraube passen gut in den Sommer. In letzter Zeit faszinieren mich die frischen und anregenden Rotweine aus den Rebsorten Nero d’Avola oder Frappato aus Sizilien immer mehr – sie besitzen eine kühle und erfrischende Leichtigkeit. Generell trinke ich alle Rotweine im Sommer gerne etwas kühler, so um die 15 bis 16 Grad.

Wolfgang Fassbender: Haben Sie einen Geheimtipp für Sommerweine?

Christina Hilker: Ob es ein Geheimtipp ist weiss ich nicht, aber ich trinke im Moment gerne den Zweinullelf (2011) Spätburgunder von der Fendt Weinfamilie, gekühlt natürlich. Jürgen Fendt ist hauptberuflich Sommelier im Drei-Sterne-Restaurant Bareiss, aber er und seine Frau betreiben zusätzlich ein Weingut, im Moment noch im Nebenerwerb. Ein Newcomer unter den Winzern, den es zu beobachten gilt. www.fendtwein.de

Wolfgang Fassbender: Was sollte es im Sommer zu Grillgerichten geben?

Christina Hilker: Kräftige Rotweine, gerne mit betontem Tannin (Gerbstoff), finde ich zu gegrilltem Fleisch sehr passend. Gleichzeitig sollte viel Frucht mit ins Spiel kommen, das rundet das Ganze harmonisch ab. Ich schweife hier gerne mal ab in die Neue Welt, z. B. zu Cabernet Sauvignon, Merlot oder Zinfandel aus Kalifornien. Die Amerikaner sind es ja auch, die das Thema Grillen/Barbecue perfektioniert haben. Zu einem knusprigen Kalbskotelett oder zu gegrillten Meeresfrüchten und Fisch lässt sich aber auch ein vollmundiger Weisswein ausgezeichnet genießen – zum Beispiel ein cremiger, nach Krokant und Butterscotch duftender Chardonnay aus dem Barriquefass.

Wolfgang Fassbender: Sind Weine mit Schraubverschluss abzulehnen? Im Sommer und auf der Terrasse sind die ja besonders praktisch.

Christina Hilker: Ich bin ein grosser Freund von Schraubverschlüssen. Sie sind nicht nur praktisch, sondern sie gewährleisten in der Regel, dass wir nicht mit dem unliebsamen Korkschmecker konfrontiert werden. Es ist immer wieder schade zu beobachten, dass die aufwendige und intensive Arbeit des Winzers bzw. der Winzerin durch dieses Problem zerstört wird. Das Argument, dass etwas von der Romantik oder vom „Zelebrieren“ verloren ginge, wenn der Wein nicht mit einem Kork verschlossen würde, sollte in meinen Augen angesichts der zunehmenden Korkproblematik nicht zu viel Gewicht erhalten.

Wolfgang Fassbender: Wie muss man sich vorbereiten, wenn man im Sommer und auf der Terrasse richtig genießen möchte – kann man die Weine in den Kühlschrank legen oder gar ins Gefrierfach?

Christina Hilker: Der Kühlschrank ist die bessere Variante. Wenn es ganz schnell gehen muss, helfen Eiswürfel und etwas Salz, natürlich nicht in den Wein, sondern um die Kühlung von aussen zu perfektionieren. Durch die Zugabe von Salz werden schnell Temperaturen um minus 20 Grad erreicht. Das heisst, dass der warme Wein in zwei bis drei Minuten rasch runtergekühlt werden kann. Dem perfekten sommerlichen Genuss steht anschließend nichts mehr im Wege.

Über Christina Hilker

Christina Hilker war nach ihrer Ausbildung im Hotel Bareiss in Baiersbronn/Schwarzwald vier Jahre lang Chef-Sommelière bei Martin Öxle im Stuttgarter Zwei-Sterne-Restaurant Speisemeisterei. Während dieser Zeit hat sie erfolgreich an diversen Wettbewerben teilgenommen (u. a. Gewinn der Trophée Ruinart 2003 als „Beste Sommelière Deutschlands“), wurde mehrfach ausgezeichnet, z. B. vom GaultMillau als „Sommelière des Jahres 2005“. Heute arbeitet sie als freiberufliche Sommelière und leitet die Geschicke der Kölner Agentur Sommelier Consult für den süddeutschen Raum.

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

Kommentare

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Frieder Zimmermann

Für mich sind kräftige fruchtige Rosé immer noch ein wichtiger Bestandteil des Themas Sommerweine. Grenache oder Maratheftiko aber auch Shiraz bringen dafür alles notwendige mit. Alle passen auch super zum BBQ, egal ob Fisch, Geflügel, Gemüse oder Rind auf dem Grill liegen.

therese kramarz

Zu den Sommerweinen gehören doch auch wunderbare Weine aus Spanien und Mallorca... oder die «fleischfreundlichen» aus Argentinien. Ja ich weiss, man kann nicht alle Varianten erwähnen... schöne Weine aus der Schweiz lassen sich auch gut gekühlt trinken!

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