In den diversen Appellationen der Region Bordeaux existieren vier offizielle Klassifizierungen für Weingüter. Sie bieten Weinliebhabern einen guten Überblick in Bezug auf hochwertige Gewächse, auch wenn aktuelle Entwicklungen in der Regel nicht berücksichtigt werden.
Das Klassifikationssystem von 1855
In einer Region mit etwa 8.500 Produzenten und einer jährlichen Durchschnittsmenge von gut 700 Millionen Flaschen die Übersicht zu behalten, wäre selbst für eingefleischte Bordeauxliebhaber eine Herkulesaufgabe. Das wusste bereits Napoleon III. und so wurde auf seinen Wunsch hin 1855 das erste Wein-Klassifikationssystem für dieses Gebiet eingeführt.
Die Rangordnung, erstellt von den einflussreichsten Händlern, dem Syndicat des courtiers de commerce de Bordeaux, und renommierten Winzern, basierte auf dem Ruf und den Handelspreisen der jeweiligen Châteaus. Und wie stimmig diese Einteilung war, beweist dass diese Liste noch heute als Massstab gilt und als „Offizielle 1855 Bordeaux Wein Klassifikation“ bezeichnet wird.
Auf einen Blick: Die Weinhierarchie der wichtigsten Appellationen
Interessanterweise sind mit Ausnahme von Château Haut-Brion nur Häuser vom linken Médoc-Ufer enthalten. Die Klassifikation besteht aus fünf Stufen, wobei es innerhalb dieser fünf Klassen keine Rangordnung gibt: 61 Häuser sind es, die unter den Bezeichnungen Premier Cru Classé, Deuxiéme Cru Classé, Troisième Cru Classé, Quatrième Cru Classé und Cinquième Cru Classé aufgeführt sind.
Nun haben sich zwar im Laufe der Zeit etliche Weingüter besser oder weniger gut als die anderen Häuser entwickelt, aber in diesen Listen gab es bislang nur eine wichtige Änderung: Château Mouton-Rothschild wurde 1973 vom Deuxièmes-Châteaux zum Premier-Châteaux befördert.
Die ebenfalls 1855 entstandene Klassifikation der Süssweine von Sauternes und Barsac teilt sich in drei Kategorien auf, Premier und Deuxième Grand Cru Classé sowie, als Spitzenreiter, das Château d’Yquem, das den Status als Premier Cru Classé Supérieur geniesst.
Die weiteren Klassifikationssysteme
Erst gut 100 Jahre nach dem ersten Klassifikationssystem wurden auch die Weine aus der St. Emilion-Region offiziell klassifiziert. Die ursprünglich im Jahre 1955 eingeführte Liste mit 12 Premier Grand Crus und 63 Grand Crus wird allerdings im Schnitt alle 10 Jahre den aktuellen Entwicklungen angepasst.
Auch Weine aus dem Graves Gebiet erhielten eine Einteilung. Bei der ursprünglich im Jahre 1953 erstellten und vom Landwirtschaftsminister genehmigten Liste gab es jedoch noch einige Änderungen, weshalb die offizielle Klassifizierung erst 1959 veröffentlicht wurde. Auffallend ist, dass die darin aufgeführten, überwiegend Rotweine produzierenden Châteaus alle aus der Pessac-Leognan Region stammen.
Die Klassifikation Cru Bourgeois gilt als eine weitere Richtschnur zur Einstufung hochwertiger Weine. In erster Linie sind hier Topwinzer aus der Medoc Region aufgeführt, die es nicht in die offizielle 1855 Bordeaux Wein Klassifikation geschafft hatten.
Seit der erstmaligen Veröffentlichung durch die französischen Handels- und Landwirtschaftskammern im Jahre 1932 hat sich die Zahl der darin aufgelisteten Betriebe von 444 Gütern mittlerweile auf rund 300 reduziert.
Anerkannt wurde die Bezeichnung Cru Bourgeois 1976 auch von der EG (Vorläufer der EU), doch erst 1989 legte der Verband der Crus Bourgeois die derzeitigen Regeln fest. Die Weine müssen seitdem aus einer der acht Médoc-Appellationen stammen, das Weingut mindestens 4,5 Hektar bewirtschaften und den Wein in einem Privatkeller ausbauen.
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Was den Konsumenten den Einkauf wesentlich erleichtert ist der Umstand, dass jährlich bei einem Wettbewerb das beste Cru Bourgeois Châteaux ausgewählt wird. Unter der Stufe Cru Bourgeois gibt es offiziell seit 2002 noch die Stufe Cru Artisan, die den Erzeugern einen grösseren Spielraum einräumt.
Derzeit findet man rund 60 Weine unter dieser Bezeichnung. Wer jedoch Weine aus Fronsac und Pomerol bevorzugt, muss sich an die Empfehlungen der Händler und Kritiker halten. Denn in diesen beiden Appellationen gibt es bislang keine entsprechende offizielle Klassifizierung.
Auch wenn die gesamten Klassifikationen in Bordeaux, von ein paar hochkarätigen Ausnahmen abgesehen, nicht völlig unumstritten sind, bieten sie einen guten Leitfaden für Weinliebhaber.
Auf einen Blick: Die Weinhierarchie der wichtigsten Appellationen
In der Region Bordeaux sind die hochwertigsten Weine der verschiedenen Appellationen in Klassifikationssystemen hierarchisiert. Die vier wichtigsten im Überblick:
Appellation | Klasse | Einordnung |
Médoc | Premier Cru | In der Hierarchie der Médoc-Weingüter die höchste Klasse. Lediglich fünf Châteaus dürfen Premier Crus vermarkten. |
Deuxième Cru | In der zweiten Klasse sind 14 Châteaus aus dem Médoc gelistet. | |
Troisième Cru | Die dritte Klasse der lokalen Weinhierarchie beinhaltet ebenfalls 14 Châteaus. | |
Quatrième Cru | In der vierten Klasse der Grand Cru Classé rangieren 10 Châteaus. | |
Cinquième Cru | Die Grand Cru Classé des Médoc wird durch die Cinquième Crus komplettiert. Hierzu zählen die Weine von 18 Erzeugern. | |
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Sauternes und Barsac | Premier Cru Supérieur | Die Spitze der Weinhierarchie der Appellation Sauternes und Barsac wird alleine durch das Château d’Yquem vertreten. |
Premier Cru Classé | Die zweite Klasse in der lokalen Weinhierarchie. Hierzu zählen insgesamt elf Weingüter. | |
Deuxième Cru Classé | Die dritte und letzte Klasse der Klassifizierung der edelsten Weissweine der Appellation. 14 Châteaus sind in dieser Stufe vertreten. | |
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Saint-Émilion | Premier Grand Cru Classé | Die höchste Klasse für Weine aus Saint-Émilion ist zweigeteilt in die Premier Grand Cru Classé A (vier Châteaus) und die Premier Grand Cru Classé B (13 Châteaus). |
Grand Cru Classé | Die zweite Klasse der lokalen Weinhierarchie. 46 Châteaus sind hier vertreten. | |
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Graves | einstufige Klassifizierung | In der Appellation Graves existiert ein einstufiges Klassifizierungssystem. Sieben Châteaus sind für Rot- und Weissweine klassifiziert. Fünf weitere erhielten ihre Klassifizierung ausschliesslich für Rotweine und zwei Châteaus für Weissweine. |
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Hallo Herr Huber,
was bedeutet dann Bordeaux Superieur?