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Riesling? Definitiv etwas für die Ewigkeit!

Riesling? Definitiv etwas für die Ewigkeit!
Copyright Weingut Robert Weil

Wer Riesling im Keller hat, muss sich keine allzu grossen Sorgen machen. Viele Weine halten sich besser, als die Lehrbücher schreiben. Reifefähig sind übrigens nicht nur die edelsüssen Spezialitäten, sondern auch die trockenen Vertreter. Falls sie gut gelagert werden, können sie sich ähnlich gut entwickeln wie die 1921er von Robert Weil.

Unberührt lagen sie nicht da, die Altweine, die im vergangenen Jahr geöffnet wurden. Wilhelm Weil überlässt in seinem Weingut im Rheingau nichts dem Zufall und schaut immer wieder nach, wie sich die Raritäten entwickeln. In regelmässigen Abständen, alle paar Jahrzehnte, werden die Flaschen kontrolliert, entkorkt, verkostet.

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Was sich als gut entpuppt, wird aufgefüllt und neu verkorkt, ein Hauch von Schwefeldioxid sorgt dafür, dass sich die Weine für die nächsten Jahrzehnte gut entwickeln können. Die 1921er zum Beispiel, von denen Weil einige Flaschen spendiert hat. Gleich fünf Mal konnte ich in letzter Zeit Abfüllungen dieses Jahrgangs verkosten, und alle waren von bemerkenswerter Güte.

Einer allerdings hatte die Nase vorn – nicht etwa der leicht süsse Wein, nicht die Auslese, es war der praktisch trockene Cabinet, der sich am intensivsten präsentierte. Ein klares Indiz, dass sich auch Weine ohne nennenswerten Restzucker gut entwickeln können, viel länger, als Skeptiker glauben.

Rheingau auf die reife Art

Wilhelm Weil vor dem Turmberg
Wilhelm Weil vor dem Turmberg

Ob sich alle 1921er auf ähnliche Weise durch die Zeitalter bewegt haben, ist schwer zu sagen: Nur noch wenige Weingüter im Rheingau verfügen über Bestände an fast 100 Jahre alten Flaschen.

Doch hin und wieder lässt sich durchaus noch Gereiftes entdecken, und die Wahrscheinlichkeit, dass Flaschen aus den Sechzigern und Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts noch heute mit Genuss zu trinken sind, ist grösser, als manch skeptischer Weinbuchautor glaubt.

Legendär gute, reife Jahre wie 1921 sind begünstigt, aber auch nach kühlen, regnerischen Sommern konnte schon Alterungsfähiges ins Fass und in die Flasche gebracht werden. Die Säure wirkt in diesen Fällen konservierend, und manchmal wird die Sache erst nach 30 Jahren spannend.

Einer, der das genau verfolgen kann, ist Dieter Greiner, Chef der Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach. Wo einst Teile des Films Der Name der Rose von Umberto Eco gedreht wurden, lagern noch immer grosse Mengen an alten und uralten Rieslingen – bis weit hinab ins 19. Jahrhundert.

Der 1968er, den mir Chef Greiner vor ein paar Jahren öffnete, zeigte sich noch sehr präsent, wirkte saftig und animierend: kein ganz grosser Wein, aber einer, der sich mit viel Freude trinken liess.

Plädoyer fürs Ausprobieren

Weil aber so etwas Altes kaum bestellt wird, wenn es denn irgendwo auf der Weinkarte steht oder auf der Preisliste eines Weinguts, sind 20, 30 oder 40 Jahre alte Rieslinge oft kaum teurer als jener der neuesten Jahrgänge. Auch bei Ebay findet man Trouvaillen, ohne sich verschulden zu müssen.

Garantien gibt es zwar nie, und wenn die Flaschen schlecht gelagert wurden oder die Weine von Anfang an dünn waren, ist nichts mehr zu retten. Doch die positiven Erlebnisse mit altem und ältestem Riesling überwiegen die negativen bei weitem – nicht nur beim 1921er, sondern auch bei einem 20 Jahre alten Literriesling aus dem Weingut Weil.

Den kramte Wilhelm Weil vor zwei Jahren aus dem Keller, selbst ein bisschen skeptisch. Doch was dann im Glas geschwenkt wurde, entpuppte sich als kleine Sensation: Den nicht für lange Reifung gemachten Riesling der Basiskategorie hätte man ohne Probleme in jeder Weinstube des Rheingaus ausschenken können.

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1921 Kiedricher Berg Spätlese: leicht nachgedunkelter Wein, Gewürze, Apfel, Hauch von Honig, Kräuter. Saftiger, nicht allzu süsser Wein, wirkt recht frisch, süffig, nicht ganz so präsent wie der Cabinet.

1921er Kiedricher Berg Cabinet: klare Frucht, duftig, etwas Gewürze, Apfel, Kräuter, wirkt sehr präsent und frisch, fest, mit präsenter Säure, straff, dürfte noch eine Spur Süsse besitzen, die aber nicht zu schmecken ist. Der beste der drei alten Weine.

1921 Kiedricher Berg Auslese: deutlich nachgedunkelt mit üppiger, reifer Frucht, der man das reife Lesegut anmerkt, helle Rosinen, leicht cremig, getrocknete Pfirsiche, Kräuter, Anflüge von Karamell. Im Mund saftig, mit präsenter, aber nicht übertriebener Süsse, recht füllig mit warmer Frucht und verhaltener Säure. Bemerkenswert, wenngleich nicht ganz so präsent wie der Cabinet.

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

Kommentare

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Wolfgang Fassbender

Herr Malden, ich komme!

Karl Malden

Gut zu Wissen, kaufe mir jetzt ein paar Flaschen 2015er und werde diese dann zur Jahrhundertwende trinken. Den Autor lade ich dann dazu gerne ein.

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