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Sarah Hulten – Es sind Reben in Sicht!

Sarah Hulten – Es sind Reben in Sicht!
Copyright Jaqueline Werrmann

Der Traum vom eigenen Weingut ist nicht nur ein Traum, sondern ein Plan. Aber wie das Leben so spielt, hat jeder große Plan auch einen kleinen Haken.

Anfang August besuchte ich im Nachbardorf Hammerstein meinen früheren Patenwinzer, bei dem ich als Quereinsteigerin in Vorbereitung auf das Amt der Mittelrhein Weinkönigin damals ein Praktikum machte. Auch nach der Amtszeit stehen wir in regelmäßigem Kontakt.

Er ist daher bestens informiert über mein Vorhaben, eine alte Leutesdorfer Weinbergsterrasse, die mittlerweile mir gehört, zu rekultivieren. Ebenso weiß er, dass ich bereits ein eigenes Weingut angemeldet habe und, inspiriert durch Chefredakteur Wolfgang Hubert, ein Crowdfunding plane, um das ungewöhnliche Projekt zu finanzieren.

Interessiert fragte er mich daher beim Probieren seines Alte-Reben-Rieslings, wie es derzeit laufe. Ein leichtes Seufzen entwich mir, denn ich musste gestehen, dass nicht alles immer nach Plan verläuft …

Nächstes Kapitel

Nach dem geglückten Kauf der alten, brachliegenden Weinbergsterrasse blieb mir im März nur noch eine Woche bis zur Rodungsfrist wegen nistender Vögel. Der erste Kampf gegen die 40 Jahre lang gewachsenen Brombeerhecken gelang auf einem großen Teil der Fläche.

Auch das Füllen des ersten eigenen Weines war im Mai abgeschlossen und somit die Arbeit in dem Weinberg, den mir mein Mentor Peter Selt ein Jahr lang zur Verfügung gestellt hatte. Nun galt es, das nächste Kapitel zu eröffnen: die Arbeit im neuen Weinberg.

Da ich mich entschlossen habe, den Weinberg weitestgehend biologisch zu bewirtschaften, war der Sommer geprägt von regelrechter Fleißarbeit. Getreu dem Motto „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“ grub ich unzählige Brombeerwurzeln und anderes Kraut aus. Immer unterstützt durch meinen Mann Fabian. Schwierig gestaltete sich allerdings das Herausziehen der Wurzeln der kleineren Kirschbäume.

So faszinierend, wie mir das Mikroklima und das Terroir der von der Flurbereinigung ausgesparten Terrasse erscheinen, so kompliziert wurde nun genau dieser Part. Der historische Weinberg birgt den großen Nachteil, dass er nicht mit Maschinen befahrbar ist. Man stelle sich vor: Über einer hohen untersten Mauer erheben sich mehrere Ebenen.

Auf der Dritten wuchsen in hohem Abstand zum letzten befahrbaren Weg die Kirschen. Rund 50 Meter Luftlinie lagen zwischen den Wurzeln und dem Traktor, sodass wir etwa 100 Meter Stahlseil benötigten. Leider konnte keiner der mittelrheinischen Winzerkollegen ein solch langes Seil entbehren.

Peter Selt zeigte sich jedoch gewohnt optimistisch und wir liehen uns ein altes, kürzeres Exemplar eines befreundeten Jungwinzers. Fabian durfte nun beweisen, dass sein Segelschein auch an Land einen Nutzen hat und mehrere alte Seile miteinander verknoten.
Nach einigen Experimenten, vielem Abrutschen und fünfmaligem Reißen der alten Seile, gelang es uns schließlich, die lange Strecke zu überspannen und einige der Wurzeln zu ziehen.

Bei all der mühsamen Arbeit erscheint es manchmal fast schon angenehm, doch einen Teil motorisiert, nämlich mit der Motorsense erledigen zu können. Wann immer das Wetter und die Zeit es zulassen, wird nach Feierabend das schwere Gerät geliehen und so lange alles Nachwachsende gemäht, bis entweder das Benzin ausgeht oder die Sonne sich dem Horizont nähert.

Kleiner Haken

Die Brombeeren wachsen nach einigen Runden des Herausziehens kaum noch nach. Es folgen allerdings hartnäckige Ackerwinden. Doch auch diesen wird man ohne Herbizide Herrin, davon bin ich überzeugt. Nach nur einem halben Jahr sind bereits 1,5 Terrassen, also rund 350 Quadratmeter komplett freigelegt. Eine weitere große Ebene folgt derzeit.
Wie eingangs beschrieben hat jedoch jeder große Plan auch einen kleinen Haken. Nachdem mich mein Filmteam für das Vorstellungsvideo auf der Crowdfunding-Plattform zuerst vom Frühjahr auf den Sommer verschoben hatte, mussten die jungen Studenten mir nun leider universitätsbedingt gänzlich absagen.

Gut, dass es jemanden gibt, den ich schon die ganze Zeit im Kopf hatte – es wird sicherlich ein gutes Video entstehen. Der Haken besteht aber darin, dass ich das Crowdfunding vermutlich nicht wie geplant zum Leutesdorfer Winzerfest Anfang September starten kann. Wann immer ich nach meinem Wein gefragt werde, muss ich nun antworten, dass es noch ein wenig dauern wird.

Spannender Fund

Dafür klappt die Zusammenarbeit mit der Kommunikationsdesignerin Mathilda Mutant wunderbar. Wochenlang sammelten wir Ideen, sprachen über Farben, Formen und Materialien. Einen Tag vor Redaktionsschluss trafen wir uns und besprachen bereits die ersten Entwürfe. Ein toller Lichtblick, aber mehr wird noch nicht verraten.

Und auch die ersten Reben sind in Sicht. Damit sind jedoch weniger die Reben gemeint, die im kommenden Frühjahr gepflanzt werden sollen. Vielmehr geht es um einen spannenden Fund: Ende Mai stieß ich zwischen allem Unkraut auf eine nachwachsende alte Weinrebe.

Ich nannte sie in einem Instagram-Post „die letzte Rebe“, wodurch tags darauf sogar eine Redakteurin der großen Regionalzeitung bei mir um ein Interview bat. Meine Recherche ergab, dass die wurzelechte Rieslingrebe nachweislich mindestens 75 Jahre alt sein muss. Wahrscheinlich ist sie sogar älter, doch an dieser Stelle verliert sich bislang der Faden.

Mittlerweile gesellen sich zu der letzten Rebe noch eine Handvoll weitere ihrer Art. Ich habe geplant, diese wiederaufzubauen und wenn möglich in die neue Bepflanzung einzugliedern. Zu interessant ist das alte Genmaterial. Für das Neue wiederum habe ich bereits mit der ehemaligen Weinkönigin und Rebveredlerin Anja Antes einen Termin verabredet, um zu besprechen, welcher Klon für die bereits gewählte Unterlagsrebe infrage kommt.

In meinem kurzen Urlaub konnte ich auch die Zertifikatsreihe beim Deutschen Weininstitut erfolgreich abschließen. Diese Nachricht gefiel natürlich auch meinem ehemaligen Patenwinzer. Als ich ihm dann von dem kleinen Haken berichte, antwortet er gelassen: „Warum sollte es dir anders gehen, als uns allen?“.

Er hat Recht. Wenn ich es betrachte, ist es egal, wie lang der Weg zum eigenen Weinberg ist. Ein Schritt nach dem anderen führt ans Ziel.

Damit die weiteren Schritte auch klappen, wurde mir bei der letzten großen Weinprobe, die ich moderierte neben den obligatorischen Blumen kein Wein geschenkt, sondern eine Linkshänder-Rebschere mit Rollgriff. Mit den Worten: „Damit es mit deinem Wein auch klappt und wir ihn beim nächsten Jubiläum probieren dürfen“.

Diese liebe Aufmerksamkeit freute mich sehr. Besonders motiviert mich zudem die selection-Auszeichnung meines ersten eigenen Weines: Vier Sterne – Gold. Ich kann kaum in Worte fassen, wie froh ich darüber bin. Wenn das mal kein guter Grund ist, immer weiter zu lernen und an meinem Weinbergsprojekt zu arbeiten!

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