Vier Köche nehmen sie mit uns auf den Prüfstand: die Gourmet Cuisine. Was ist gut? Was nicht? Und wo geht es hin? In dieser Folge sprechen wir mit Peter Knogl. Einem Könner am Herd, der dem Genusskaleidoskop der gehobenen Küche seit Jahren im „Cheval Blanc by Peter Knogl“ in Basel ein ganz besonderes Element hinzufügt.
Steinchen auf Steinchen. So haben wir als Kinder Türme gebaut. Einen vorsichtig auf den anderen gelegt, um etwas Grosses zu erschaffen. Ein Weg, den Peter Knogl auch in seinem Erwachsenenleben gegangen ist. Der heutige Drei-Sterne-Koch begann seine Laufbahn im weltberühmten Gourmettempel „Tantris“ in München, wechselte ins „Tristan“ auf Mallorca und wählte mit Bedacht Station um Station.
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Das „Le Chantecler“ in Nizza, das „Les Saveurs“ in London, zurück zu Heinz Winkler, der nun sein eigenes Gourmetreich, die „Residenz Heinz Winkler“ in Aschau im Chiemgau hat… All dies waren Steinchen für seinen beruflichen Lebensturm. Dann führte ihn sein Weg nach Basel.
Hier steht der gebürtige Deutsche und mehrfach ausgezeichnete „Koch des Jahres“ seit 2007 an der Spitze eines der besten Restaurants der Welt: Im „Cheval Blanc by Peter Knogl“ in der Hotellegende „Les Trois Rois“ (Leading Hotel of the World) inszeniert er seine moderne Version der französischen Küche.
Er lässt klassische Augenblicke zu. Dort, wo sie ihm für essentiell erscheinen und verbindet sie auf leichte und äusserst kreative Weise mit dem, was man als die eigene Handschrift bezeichnet.
Dem, was unnachahmlich ist und zu eigenen Klassikern wie dem Rotbarbenfilet – Knusprige Schuppen | Safran | Schwarzer Knoblauch | Tomatenvinaigrette oder Bretonischer Hummer | Bergamotte | Granny Smith führt. Zu seiner Küche der Leidenschaft.
Herr Knogl, die Welt der Kulinarik hat verschiedene Eben und Schwierigkeitsgrade. Warum war es Ihnen so wichtig auf dem höchsten Niveau – der Gourmet Cuisine – zu agieren?
„Um ehrlich zu sein: Es hat sich einfach so ergeben. Ich wollte das eigentlich gar nicht. Wenn man Koch lernt, dann kann man ja nicht in die Zukunft blicken und sagen: „Ich werde einmal Drei-Sterne-Koch“. Eins kam zum anderen. Jede Station und jede Auszeichnung auf meinem Weg hat mich hierhergeführt. Worüber ich mich nun natürlich sehr freue.“
Was braucht man, um in der Königsklasse der Kulinarik ankommen zu können?
„Man muss wahrlich – trotz aller Führungsqualitäten – ein Teamplayer sein. Eine gute Sensorik und mentale Stärke sind zudem auch sehr wichtig.“
Und was, um in ihr so lange Zeit bestehen zu können?
„Ausdauer spielt sicherlich keine unwesentliche Rolle, aber man muss vor allem auch die Zeichen der Zeit erkennen. Wo geht es hin? Was wollen meine Gäste? Was wird von mir erwartet? Wer da nicht feinfühlig genug ist und sich darauf einstellt, verliert.“
Welchen Stellenwert schreiben Sie Talent zu?
„Ich glaube, dass Kochen tatsächlich noch ein sehr handwerklicher Beruf ist. Natürlich kann man daher vieles lernen. Aber ohne Talent gelingt es einem nicht, so gut zu werden. Und wenn alles nur anstrengend ist, fehlen am Ende auch der Spass und die Freude. Beides habe ich bis heute noch (fast) jeden Tag.“
Wenn Sie in die Zukunft der Spitzengastronomie blicken – wo geht es hin?
„Ich glaube, das Produkt wird überleben und immer der Star der Küche sein. Doch wir bewegen uns weg von diesen 100 Sachen-Geschichten auf dem Teller. Die Tendenz geht wieder mehr ins Normale – „Back to the roots“, wie man so schön Neudeutsch sagt.
(Er lacht.) Dabei werden die Produkte durch die Öffnung der Welt durchaus noch internationaler, vielfältiger, neue Gewürze werden Einzug auch in unseren Küchen erhalten. Generell gesagt: Die Klasse siegt über die Masse.“
Welche Trends zeichnen sich ab?
„Ich denke, die Vielfältigkeit der gastronomischen Konzepte wird steigen. Und zudem eine neue Lockerheit einkehren. Restaurants, die ohne Tischdecken und Tafelsilber funktionieren. In denen man auch leger gekleidet eine sehr gute Küche geniessen kann.“
Was halten Sie von Trends generell?
„Trends sind meist sehr kurzlebig. Modererscheinungen. Sie kommen, gehen und kehren irgendwann wieder zurück. Das ist wie mit der klassischen Musik. Man muss klassische Musik spielen können, um moderne Musik machen zu können.“
Würden Sie sagen, dass auch Sie Trends gesetzt haben oder setzen?
„Das würde ich jetzt nicht unbedingt sagen, aber ich bin schon jemand, der der klassischen französischen Küche ein modernes Gesicht gegeben hat. Nur allein mit der Klassik kann man heutzutage keine drei Sterne mehr erkochen – oder sie auf Dauer gar halten.
Die französische Küche ist zwar die Basis in allem, aber es bedarf anderer Aromen, Konsistenzen, Ideen. Das Überraschungsmoment darf nie ausser Acht gelassen werden.“
Welche Veränderungen müssen vielleicht auch sein?
„Ich denke, man muss den Beruf des Kellners wieder mehr stärken. Über die Jahre hat man einfach vergessen, dem Service die nötige Beachtung zu geben. Ja, es geht grundsätzlich um die Küche. Aber ohne den Service kommt der Teller nicht zum Gast. Das dürfen wir nicht vergessen – und gerade in unserer Art der Gastronomie erfordert das viel Stil, Wissen und Feingefühl.
Wenn man auf die Bewerbungszahlen in der Branche blickt, läuft es für die Küche noch recht gut. Wohlgemerkt noch. Aber der Service braucht da deutlich mehr Beachtung und eine Plattform. Hier fehlt absolut die Anerkennung!“
Gibt es etwas, das Sie rückblickend verändern würden?
„Ich glaube, ich habe alles richtig gemacht, sonst wäre ich nicht da, wo ich jetzt stehe. Und zudem bin ich der festen Überzeugung, dass Fehler wichtig sind. Nur aus ihnen lernt man. Das Leben ist ein Reifungsprozess. Mit jedem Lernen gelangt man einen Schritt weiter; erreicht ein höheres Level sozusagen. Und wenn ich auf das Ergebnis meines Weges bis jetzt schaue, dann bin ich ganz gut dabei.“ (Er lacht.)
Welche regionale Spezialität haben Sie für sich entdeckt?
„Eine schwierige Frage, da meine Küche sehr international ist – eben wie mein Gästepublikum. Wenn der Spargel aus Baden Saison hat, greife ich aber immer gern darauf zurück.“
Ist hundertprozentige Regionalität in der gehobenen Küche überhaupt realistisch und ehrlich umsetzbar?
„Auch das ist schwierig. Es kommt für mich dabei sehr stark darauf an, wo das Restaurant angesiedelt ist. Auf dem Land kann man diese Art Konzept vielleicht aufziehen, wenn es in der Region genug Betriebe gibt, die diesen Weg mitgehen.
Aber in der Stadt? Wie gesagt, ich habe ein sehr internationales Gäste-Klientel. Menschen, die sich auskennen und hohe Ansprüche haben. Da ist Abwechslung gefragt und die erziele ich nur, wenn ich die ganze Welt der Produkte in meine Küche einlade.“
Haben Sie eine Lieblingssaison?
„Ich mag den Herbst und das Frühjahr besonders. Die Trüffelzeit oder dann, wenn Morcheln, Spargel und Erbsen auf dem Markt sind.“
Ohne was können Sie in Ihrer Küche nicht arbeiten?
„Tomaten. Die habe ich besonders gern und auch immer in meiner Küche. Im Winter etwas eingeschränkter, im Sommer dagegen mehr. Und Butter. Die gibt einfach den besten Geschmack.“
Was war Ihre schlimmste Küchenpanne?
„Ohje. Ich habe einmal bei einer Veranstaltung 150 Portionen Seeteufel mit einer speziellen japanischen Fischfolie behandelt. Diese wird dafür hergenommen, dem Fisch überschüssige Feuchtigkeit zu entziehen. In diesem Fall war es nur zu viel, so dass der Fisch trocken war, das Salz nicht mehr in das Gericht eindringen konnte und es einfach nach nichts geschmeckt hat.
Gott sei Dank ist mir das aber rechtzeitig aufgefallen. Wir konnten noch einmal von vorne anfangen und die Kuh vom Eis holen.“
Wie können junge Menschen heute für eine Küchenausbildung begeistert werden?
„Man muss ihnen erzählen, wie facettenreich dieser Beruf ist. Man kann durch ihn so viele Länder bereisen, Sprachen erlernen und Menschen kennenlernen. Und ganz nebenbei hat man es immer mit gutem Essen zu tun. Das ist auch nicht zu verachten. (Er lacht.) Wenn man es richtig angeht, dann ist das der schönste Beruf der Welt. So empfinde ich es bis heute noch.“
Was halten Sie von Kochwettbewerben? Sind sie eine Chance für junge Köche?
„Wenn man bedenkt, dass dieser Beruf in der 50er und 60er Jahren noch ganz in den Kinderschuhen steckte, hat er durch die mediale Präsenz schon an Bedeutung gewonnen. Und somit haben auch diese Wettbewerbe ihre Daseinsberechtigung. Aber man sollte wohl dosiert dabei vorgehen und auf die Wertigkeit achten. Das Gleiche denke ich aber auch von der Omnipräsenz der Kochsendungen im Fernsehen.“
Wie wichtig ist es heutzutage für ein Spitzenhotel, auch gleichzeitig ein Spitzenrestaurant zu haben?
„Das ist die Zukunft. Genau dies war ja auch vor elf, zwölf Jahren hier im „Les Trois Rois“ die Überlegung. Nur mit einer Matratze kann man heute nicht mehr diese Preise aufrufen. Es braucht ein attraktives Gesamtpaket. Schauen Sie doch auch ins Grand Dolder nach Zürich oder ins The Ritz-Carlton in Wolfsburg mit dem Gourmetrestaurant „Aqua“. Wie heisst es so schön: Mit Essen fängt man Mäuse.“ (Schmunzelt er.)
Wie wichtig ist guter Wein im Zusammenspiel mit gutem Essen?
„Ich sehe es so: Der Koch ist der Bobfahrer und der Sommelier schiebt den Bob an. Wein muss das Essen unterstützen und nicht anders herum. Die Theorie der Materie Wein ist erlernbar, aber die Genialität eines Sommeliers besteht darin, Weine zu servieren, die perfekt zum Essen passen.“
Lassen Sie uns auch mal auf den Gast blicken. Was charakterisiert Ihrer Meinung nach einen Geniesser?
„Ein Geniesser isst, profan gesagt, immer mehr als einen – sogar mehr als drei – Gänge. Dazu trinkt er guten Wein, ein Digestif und er lässt sich von der Küche führen. Geniesser sind Menschen, die die Gastronomie lieben und sie mit viel Zeit besuchen. Sie zelebrieren das Erlebnis.“
Wie sollte der Gast der Zukunft sein?
„Kein Veganer. (Er lacht.) Der Gast der Zukunft sollte der Küche beim Kochen die Carte Blanche geben und zu seinem Essen guten Wein geniessen.“
Welcher Koch, welches Restaurant (gerne weltweit) steht Ihrer Meinung nach für die Gourmet Cuisine der Zukunft? Und warum?
„Ich war fast überall auf der Welt. Eine wichtige Phase, aber jetzt fokussiere ich mich. Ich habe zwei Freunde, die sehr gut kochen. Dort fühle ich mich wohl – und dorthin kehre ich immer wieder gerne zurück.
Der eine ist mein Freund Paolo Casagrande. Er kocht im „Lasarte“ in Barcelona und ist ebenfalls mit drei Michelin Sternen ausgezeichnet. Der andere ist Jacob Jan Boerma aus dem „De Leest“ in Vaasen/Holland.“
Nach welchem Motto leben Sie?
„Eigentlich habe ich keines, aber ich versuche das Leben immer positiv zu sehen. Humor hilft dabei enorm! Das Leben ist einfach zu kurz, um traurig zu sein. Ich gönne mir durchaus mal eine Flasche Champagner und weiss diese Momente dann sehr zu schätzen. Das Leben ist voll schöner Momente, man muss sie nur erkennen oder sich selber machen.“
Nach welchem Motto kochen Sie?
„Ich möchte Menschen glücklich machen und sie emotional berühren. Das ist das Schöne an unserem Beruf. Wir haben die Fähigkeit dazu.“
Weitere Informationen unter http://www.lestroisrois.com/de oder www.LHW.com/lestroisrois