Piwis sorgen für bessere Öko-Bilanz
30. Dezember 2016 19:00SCHWEIZ (Zürich) – Weintrinker, denen die Umweltbilanz ihres Lieblingsgetränks wichtig ist, greifen häufig zu Weinen aus biologischem Anbau. Das allein hilft aber nur wenig. Viel entscheidender wäre es nach einer neuen Studie, widerstandsfähigeren Rebsorten eine Chance zu geben.
Von Ruth Preywisch
Wer nachhaltig und ökologisch korrekt geniessen will, trifft mit Wein leider meist die falsche Wahl. Eine Flasche des Rebensaftes belastet die Umwelt doppelt so viel wie eine Flasche Apfelsaft und weit mehr als eine Flasche Wasser.
Forscher der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (Fibl) in Frick haben jetzt untersucht, ob sich dies durch eine Steigerung des biologischen Anbaus vermindern lässt. Bisher werden nämlich nur rund drei Prozent des Schweizer Weins unter biologischen Bedingungen angebaut.
Das Ergebnis der Forscher hat sie selbst überrascht: Sowohl beim Bio- als auch beim herkömmlichen Anbau gäbe es so grosse Unterschiede zwischen einzelnen Weingütern, dass die Anbaumethode allein nicht für die Öko-Bilanz verantwortlich sein könnte. Entscheidend sei dagegen die angebaute Rebsorte. Pilzwiderstandfähige Sorten haben demnach eine um bis zu 60 Prozent bessere Umweltbilanz als herkömmliche, so die Forscher.
Die Unterschiede zwischen den einzelnen Betrieben erklären sich die Forscher durch die individuellen Herstellungsprozesse in der Landwirtschaft. Jeder Betrieb arbeitete anders, Unterschiede in der Witterung oder Lage des Betriebes hätten einen grossen Einfluss. Am wichtigsten für die Öko-Bilanz sei bei allen Betrieben aber der Anbau der Trauben, genauer der benötigte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Fast alle europäischen Sorten sind zum Beispiel sehr anfällig für den falschen und echten Mehltau.
Im Biolandbau werden zur Bekämpfung dieser weit verbreiteten Krankheiten Kupferpräparate benutzt, in herkömmlichen Betrieben verschiedene chemisch-synthetische Pestizide. „Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hat für den Weinbauern existenzielle Bedeutung“, sagte Weinbauprofessor Peter Schumacher dem Tagesspiegel.
Gerade im vergangenen Jahr hätte sich gezeigt, dass der Verzicht auf Spritzmittel existenzielle Wirkungen habe. Doch in der Öko-Bilanz schlagen beide Methoden negativ zu Buche. Bei den pilzwiderstandsfähigen Sorten liegt der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weit unter dem Niveau der normalen Reben und das zeigt sich in ihrer Öko-Bilanz deutlich.
Die so genannten Piwis sind Kreuzungen von alten europäischen Sorten mit pilzresistenten amerikanischen Trauben. In guten Jahren müssen sie gar nicht gespritzt werden, in schlechten drei- oder viermal. Deshalb legen die Forscher grosse Hoffnungen in sie. Bisher allerdings werden die neuen Sorten in Europa noch nicht häufig angebaut. Dabei sind sie nicht neu.
In den 1950er-Jahren versuchte man sich in Frankreich mit einem grossflächigen Anbau. Doch die Weine konnten am Markt nicht überzeugen. Mittlerweile aber sei das anders, so Schumacher. Kritiker sehen die Piwis längst nicht mehr so negativ wie vor einigen Jahren.
So zählten die Produkte neu gezüchteter Piwi-Sorten wie Johanniter und Solaris bei den Weissweinen oder eine Cuvée aus den Sorten Cabernet Jura, Cabertin und Merlotin bei den Rotweinen zu den grossen Gewinnern bei der Vinum-Weinprämierung 2016 der Schweizer Bioweine.
Die Forscher hoffen, dass sich auch die eher konservativen Weinkonsumenten von diesen Urteilen überzeugen lassen. Denn dann könnte Wein künftig auch zu den Getränken mit besserer Öko-Bilanz zählen.
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