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Deutscher Sekt – etwas Hefe, viel Zeit und Können

Deutscher Sekt – etwas Hefe, viel Zeit und Können
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Deutscher Schaumwein? Allzu schnell denken Konsumenten an Einfachprodukte aus dem Supermarkt, nehmen die lange Tradition hiesiger Sektherstellung gar nicht wahr. Um die Aufpolierung des Rufes kümmern sich heute kleinere Kellereien und engagierte Winzer. Ihre oft viele Jahre auf der Hefe gereiften Raritäten aus Riesling, Chardonnay oder anderen Sorten können qualitativ mit vielen Champagnern mithalten, besitzen aber einen eigenen Stil.

Norbert Bardong führt in die Gewölbe hinab, enge Treppen hinunter. „Früher wurde hier Weinbrand gelagert“, erzählt der Rheingauer Sektmacher. Wovon noch die dichten Pilzdecken an den Kellerdecken künden. Seit allerdings der Nachschub an verdunstendem Alkohol aus den schnapsgefüllten Fässern ausbleibt, geht es mit den Sporen allmählich zu Ende.

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Von den regelmässig gerüttelten und anschliessend jahrelang gelagerten Sektflaschen haben die Pilze nichts, und weil Norbert Bardong fertigen Grundwein versektet, sind auch keine Fässer mehr vonnöten.

Sekt mit Ambitionen

Norbert Bardong gehört zu den ambitioniertesten Schwaumweinerzeugern Deutschlands, seine Weine belegen bei Verkostungen regelmässig vordere Plätze. Die schäumende Nische hat er frühzeitig erkannt. Denn obwohl viele Winzer in Deutschland nebenbei Sekt herstellen oder eigene Ware bei Profis versekten lassen, ist das allgemeine Niveau prickelnder Produkte nicht gerade hoch.

Einfach irgendeinen Wein mit Hefe und Zucker versetzen und zur zweiten Gärung in die Flasche füllen, reicht nämlich noch lange nicht. Die Folge des allgemeinen Laissez-faire sind oft langweilige, fade und zu hoch dosierte oder viel zu alkoholreiche Schaumweine, die beim Trinken eher Ermüdungserscheinungen verursachen.

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Nicht so bei den Weinen aus dem Hause Bardong. Frisch und balanciert wirken sowohl Riesling als auch Chardonnay, der oft an dunkle Beeren, Walnüsse und Tabak erinnernde Rotsekt ist für Kenner gedacht. Und der duftige Vertreter der seltenen Neuzüchtung Hölder? Überzeugt auch jene Kunden, die mit knacktrockenen Weinen sonst wenig anfangen können.

Brut oder extra brut sind nämlich alle Weine des Hauses, Süsseres kommt dem Chef nicht in den Keller. „Mindestens 36 Monate bleiben die Sekte auf der Hefe“, ergänzt Bardong, im Falle der jahrgangslosen Reserve sind es sogar über zehn Jahre.

Nur keine Eile

Tatsächlich ist die überdurchschnittliche Reifung einer der Schlüssel zur Produktion hochwertiger Sekte, viele der besten deutschen Vertreter stammen aus Langzeitprojekten. Das Schlossgut Diel macht vor, dass auch ein „normales“ Weingut hochwertig Schäumendes vorstellen kann – nicht bloss als einmaliger Zufall, sondern mit voller Absicht.

Das Rüttelpult stammt aus der Champagne, kommt aber auch bei vielen deutschen Schaumweinerzeugern zum Einsatz
Das Rüttelpult stammt aus der Champagne, kommt aber auch bei vielen deutschen Schaumweinerzeugern zum Einsatz

Mindestens 70 Monate bleibt die Cuvée MO des Nahe-Betriebes auf der Hefe, wird anschliessend ohne jede Spur von Dosage abgefüllt und kann zwischen acht und zwölf Jahren nach der Ernte getrunken werden.

Im Sekthaus Solter in Rüdesheim darf sogar noch wesentlich mehr Zeit vergehen. Helmut Solter, vor zwei Jahren verstorbener Doyen der deutschen Sektmacher, hat als einer der ersten in Deutschland die Degorgierung nach Bedarf eingeführt. Gereifte Rieslingschaumweine, aber auch Pinot-Cuvées lagern in dem heute von Verena Solter geleiteten Betrieb mitsamt der Hefe im Keller und werden in kleinsten Mengen nach der Bestellung versandfertig gemacht.

Zehn Jahre und mehr Wartezeit? Nicht das geringste Problem! Sekte aus den Neunzigern zeigen jetzt eine an Kräuter erinnernde Würze, sind unvergleichlich vielschichtig, können gut mit Fischgerichten, sogar mit Wild kombiniert werden.

Von rüstigen Weingreisen begeistert ist man auch in der Pfalz. „Die ältesten bisher verkauften Sekte waren 25 Jahre auf der Hefe gereift“, sagt Barbara Roth, Juniorchefin des Wein- und Sektguts Wilhelmshof. Begonnen hat man die Sache mit dem Schaum eher als Hobby, inzwischen findet man die Weine des Hauses in vielen Restaurants bis hinauf zur Sterne-Gastronomie.

Muskateller & Traminer

Aber nicht alle Wege führen über die Hefe, manchmal zerstört eine allzu lange Lagerung erwünschte Primäraromen, vermindert die Frische. Schade wäre das beispielsweise beim Fleur d’Emely aus Muskateller und Sauvignon Blanc, einem der Paradeschaumweine des Pfälzer Spezialisten Andres & Mugler.

Die kleine Ruppertsberger Kellerei wurde von Steffen Mugler und Michael Andres speziell zur Sekterzeugung ins Leben gerufen und hat sich nicht nur für Duftiges einen Namen gemacht. Ähnlichen Charme erreicht auch Solters Rheingauer Cuvée Dolce Vita aus Gewürztraminer und Riesling, einen Touch Süsse besitzt der verführerische Muskateller demi-sec aus dem Wilhelmshof.

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Und wenn es schon zuckrig sein soll, lohnt sich auch ein Besuch beim berühmtesten Sektmacher Deutschlands. Volker Raumland stellt in Rheinhessen nämlich nicht nur trockene Sekte wie den Triumvirat her, der mehrfach als Deutschlands bester Schaumwein gekrönt wurde, sondern auch süsse Leichtigkeiten für zwischendurch.

Sein alkoholfreier Secco aus rotfleischigen Wildäpfeln ist zwar kein Traubenprodukt, aber ein Beispiel dafür, was Deutschlands beste Schaumweinhersteller dank Können und Inspiration bewirken.

10 deutsche Sekterzeuger, die über jeden Zweifel erhaben sind

Sekthaus Solter, www.sekthaus-solter.de

Sekthaus Raumland, www.raumland.de

Sektkellerei Bardong, www.bardong.de

Sektkellerei Reinecker, www.sektkellerei-reinecker.de

Wein- und Sektgut Wilhelmshof, www.wilhelmshof.de

Wein- und Sektgut Barth, www.weingut-barth.de

Schlossgut Diel, www.diel.eu

Sekthaus St. Laurentius, www.st-laurentius-sekt.de

Weingut Reichsrat von Buhl, www.von-buhl.de

Sektkellerei Andres & Mugler, www.andresundmugler.de

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

Kommentare

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Andreas nicklas

Hallo Herr Faßbender, Ihr Artikel gefällt mir sehr gut und ich würde ihn gerne in meiner Wein-Community "PassionForWine" veröffentlichen. Es ist eine neue Wein-Community zur Zeit in der Implementierung, deren Deutsche Version im September gelauncht wird. Schöne Grüße vom Zürisee Andreas Nicklas

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