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Klimawandel – Trockenheit & Frost in der Weinwelt

Klimawandel – Trockenheit & Frost in der Weinwelt
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Dürre in Südafrika, Brände in Kalifornien und Angst vor Spätfrösten in der Schweiz: Der Klimawandel macht sich im Weinbau bemerkbar. Winzer müssen lernen, mit den neuen Herausforderungen zu leben und sich auf Veränderungen einstellen. Dry Farming und Beregnung sind Themen für die Zukunft.

Einerseits hat das schöne, trockene Sommerwetter Vorteile. Andererseits benötigen die Winzer Südafrikas Wasser, um die Reben bei Laune zu halten und mit ihnen die Besucher der Weingüter. Wer will sich, auf Urlaub am Kap, schon einschränken beim Wasserverbrauch, nur noch zwei Minuten pro Tag duschen und angehalten werden, die Toilettenspülung lediglich hin und wieder zu betätigen? Und das im Januar und Februar, wenn die Ströme von Urlaubern traditionell anschwellen?

Leere Reservoire bedeuten geringere Erträge

Auch an Weintrauben geht der Klimawandel nicht spurlos vorbei
Auch an Weintrauben geht der Klimawandel nicht spurlos vorbei

Doch Touristenärger ist für die Winzer derzeit das kleinste Problem, sie sorgen sich in erster Linie um die Reben. Auch wenn die in Stellenbosch, Paarl oder Swartland häufig noch gesund aussehen, sind die Einbussen der kommenden Lese schon klar. Die Trauben sind kleiner als in manchen Vorjahren, die Erntemenge dürfte deutlich geringer ausfallen als im langjährigen Durchschnitt.

Man habe in der Wachstumszeit zum Glück noch Regenfälle verbuchen können, erzählen Ingrid und Luca Bein, die beiden aus Basel stammenden und seit vielen Jahren in Stellenbosch tätigen Winzer. Inzwischen aber müsse bewässert werden.

Dumm nur, dass die Reservoire, in denen die Kellereien am Kap ihr Wasser sammeln, in diesem Januar durchschnittlich nur noch zu einem Viertel gefüllt sind. Da die Lese der roten Trauben erst in einigen Wochen angepfiffen wird, ist da und dort die Wahrscheinlichkeit gross, dass es zu Trockenstress kommen wird.

Kleinere Beeren, im Extremfall absterbende Blätter und eine stoppende Zuckerbildung: Die Weinrebe, Vitis Vinifera, reagiert auf einen Mangel an Wasser auf ihre Weise. Wer Pech hat als Winzer, muss sich sogar auf eine problematische nächste Saison einstellen: Ohne ausreichendes Wasser bilden sich schwächere Triebe, die Einbussen für 2019 werden schon heute programmiert.

Weltweite Probleme und eine Alternative namens Dry Farming

Südafrika steht nicht allein mit der Herausforderung, auch in Kalifornien sehen sich die Winzer immer öfter mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Dass im vergangenen Jahr zahlreiche Feuer im Napa Valley ganze Weingüter vernichteten, dürfte als Ausnahmeereignis in die Geschichte eingehen, doch dass die Winzer im Westen der USA zukünftig mit weniger Wasser auskommen müssen, gilt als sicher.

Dass Weinbau in trockener Hitze unmöglich wäre, ist allerdings eine Legende. Weingüter wie Frog’s Leap beweisen seit Jahrzehnten, dass es auch auf ganz natürliche Weise geht – nämlich ohne künstliche Bewässerung. Winemaker John Williams ist überzeugt davon, dass diese Art der Weinbereitung nicht nur für seinen Betrieb, sondern für Kalifornien insgesamt Zukunft hat – vorausgesetzt, die Erlöse stimmen. Dass die Trauben kleiner ausfallen und die Beeren weniger Saft enthalten, muss ja nicht negativ sein. Konzentriert seien sie schon, die Weine aus nicht bewässerten Weinbergen, aber keineswegs plump und überreif.

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Elegante, terroirgeprägte Spezialitäten sind mit dieser Form des Weinmachens oft einfacher herzustellen als mit grosszügiger Bewässerung, denn die knapp gehaltenen Pflanzen wurzeln sehr tief. Es ist halt wie beim Menschen: Wem Nahrung in unbegrenzter Menge zur Verfügung steht, ohne dass er sich grosse Mühe geben muss, wird leicht übergewichtig und bequem.

Übrigens bedeutet Dry Farming nicht, dass auf keinen Fall Wasser eingesetzt werden darf und kann. Ein Minimum von 250 bis 700 Millimetern Regen pro Jahr, je nach Gegebenheiten, ist auch für die widerstandsfähigsten Pflanzen unabdingbar. Nach wochenlanger Dürre setzen deshalb auch viele der konsequentesten Dry Farmer vorsichtige Minimalbewässerung ein – sofern Wasser zur Verfügung steht.

Sorgen auch in Mitteleuropa

Und es sollte niemand sagen, dass solche Überlegungen nur die Weingüter in heissen Gegenden am anderen Ende der Welt betreffen. Auch in Deutschland und in der Schweiz, wo seit Generationen stets genügend Wasser zur Verfügung stand, werden die Winzer nachdenklich.

Was mit dem heissen Jahrgang 2003 begann, fand 2015 eine Fortsetzung. Vor allem Junganlagen litten damals unter Wassermangel, wären ohne Nachschub von aussen verdurstet. Bewässerung allerdings ist in den Weinbergen Mitteleuropas nicht immer möglich; nicht jedes Weingut verfügt über die notwendigen Wasserrechte, die Installierung von Bewässerungssystemen ist teuer.

Fürs Erste allerdings macht den deutschen wie den Schweizer Erzeugern ein anderes Phänomen des Klimawandels viel mehr Sorgen. Weil die Reben immer früher austreiben, die Gefahr von Kälteperioden im Frühjahr aber nicht gebannt ist, dürften Frostnächte in Muldenlagen bald schlimmere Auswirkungen haben als früher.

2017 zerstörten eisige Temperaturen vielerorts in Deutschland, Österreich, in Frankreich und in der Schweiz grosse Teile der Triebe, die Schäden waren immens.

Mit Wasser gegen den Frost

Zumindest in wertvollen Lagen könnte es bald nötig sein, Beregnungsanlagen einzusetzen, wie sie bereits in einigen gefährdeten Parzellen im Chablis existieren. Droht scharfer Frost, verspritzen diese Wasser, welches sich in Form eines schützenden Eispanzers um die Reben legt. Die Temperatur im Inneren sinkt lediglich auf null Grad, Schäden sind ausgeschlossen. Schon nach ein, zwei eisigen Jahren wäre die Investition eingespielt.

In Südafrika dagegen sind solche Probleme weit weg. Um der Trockenheit zu begegnen, wollen einige Farmer hier eher Rebsorten pflanzen, die unempfindlicher sind gegen Wassermangel als Chardonnay, Merlot und Sauvignon Blanc. Andere gestehen sich ein, dass die Zeit der billigen Alltagsweine bald vorbei sein könnte am Kap, dass die Zukunft den eleganten, konzentrierten und hochpreisigen Spezialitäten gehören müsse, die aus kaum oder gar nicht bewässerten Weinbergen entstehen. Dass die kommenden Jahre herausfordernd sein werden, wissen zumindest alle.

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

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