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Mallorca – Callet und Manto Negro statt Sangria

Mallorca – Callet und Manto Negro statt Sangria
Copyright iStockphoto OliverLynton

Mallorca bietet mehr als Sangria-Exzesse am Strand und billige Tapas-Bars. Die Gastronomie erfindet sich vor allem im Westen oder in der Inselmitte immer wieder neu, und die hiesigen Winzer wissen um ihre Stärken. Vor allem die Mischung von autochthonen Sorten und internationalen Klassikern verspricht Erfolg. Nicht zuletzt dann, wenn sie von deutschen Auswanderern mit Ambitionen betreut wird!

Den Wein von Frank Maruccia kann man nicht einfach kaufen. Der deutsche Neu-Winzer hat seit Gründung seiner Bodega im Jahr 2011 neue Vermarktungswege beschritten, bietet seine Callet-Cabernet-Cuvée und andere flüssige Produkte im Rahmen einer Club-Mitgliedschaft an. Wer diese scheut oder keinen Platz mehr bekommt, darf sein Glück in einem von diversen deutschen Top-Restaurants suchen; auf Mallorca dagegen sind Maruccias Spezialitäten rar.

Auf einen Blick: Zehn mallorquinische Weingüter für Inselexperten

Doch kein Besucher der beliebtesten deutschen Ferieninsel muss Angst haben, auf dem Trockenen zu sitzen. An heimischen Weinen mangelt es selten in der ambitionierten Gastronomie zwischen Andratx und Artà, und wer ausserhalb der Zentren essen geht, sich von dynamischen Köchen in Inca oder Manacor verführen lässt, bekommt für wenig mehr als 20 Euro bereits eine ausgezeichnete Flasche.

Trägt die den Namen Ànima Negra AN/1 auf dem Etikett, ist sie zwar deutlich teurer, offeriert aber höchste rote Zuverlässigkeit und ausserdem einen Schuss mallorquinischer Weinbaugeschichte. Wie kaum ein anderes Produkt steht der Erstwein der „Schwarzen Seele“ für die moderne Traubenverarbeitung der Balearen.

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Pere Ignasi Obrador, Miquel Angel Cerda und Francesc Grimalt haben sich diesen Wein in den Neunzigern ausgedacht und erstmals erfolgreich bewiesen, dass auf Mallorca auch Spitzen herzustellen sind, die mit den namhaften roten Festlandsspaniern mithalten können. Fürs önologische Selbstbewusstsein der Inselwinzer Balsam, der Nachahmer anlockte. Übrigens auch bei der Entscheidung, einheimische Klassiker zu bewahren und nicht zugunsten von Cabernet Sauvignon und Merlot auszuhacken.

Manto Negro und Callet

Doch trotz aller Erfolge wachsen weder Reben noch Bäume in den Himmel, schon gar nicht im autochthonen Segment. Wunderdinge sind nicht automatisch zu erwarten von jenen Sorten, die schon seit Menschengedenken auf Mallorca gedeihen. Es habe schon seinen Grund, dass viele von ihnen verschwunden seien, sagt einer, der sich die urigen Stöcke genau angeschaut hat und irgendwann ernüchtert war.

Nur alte Reben liefern bei Callet, Manto Negro oder Gorgollassa zufriedenstellende Ergebnisse
Nur alte Reben liefern bei Callet, Manto Negro oder Gorgollassa zufriedenstellende Ergebnisse

Ziemlich alt müssen sie nämlich sein, die Beeren tragenden Vertreter von Callet, Manto Negro oder Gorgollassa und auf den richtigen Böden stehen: Erst dann kann man ihren Ertrag pur abfüllen oder mit internationalen Sorten zu Spitzengewächsen mischen.

Pilar Oliver tut das erfolgreich: Die fröhliche Chefin des Weinguts Miquel Oliver nennt beste Parzellen ihr eigen, weiss genau, wie sie mineralische Würze aus den Rebhängen in die Weine rettet. Und auch Francesc Grimalt, heute vor allem seiner mit Sergio Caballero geführten 4Kilos Vinícola wegen bekannt, hat den Bogen raus. Aus viel Callet und etwas Manto Negro bereitet er seinen vor Würze berstenden Top-Rotwein 4Kilos, der vom leichteren, im besten Sinne süffigen 12Volts bestens ergänzt wird.

Beim Weisswein sollte man dagegen nicht allzu intensiv nach Authentischem fahnden. Prensal, der helle Klassiker, ergibt in der Regel unkomplizierte Durstlöscher; für höhere Weihen taugt die eher säurearme Sorte kaum; die aus Callet und Prensal komponierte weisse Cuvée Quíbia von Ànima Negra bestätigt als gut balancierter Ausnahmewein nur die Regel.

Ansonsten setzen viele Weisswein-Winzer lieber auf Chardonnay und nutzen das Barrique zur mehr oder weniger gelungenen Verfeinerung, die oft auf Langeweile hinausläuft, produzieren manchmal auch würzig-duftige Muskateller-Aperitifweine. Weil auf der Insel nicht genügend guter Weisswein zu attraktiven Preisen erzeugt wird, haben Ruedas und andere Produkte vom Festland Stammplätze in der Gastronomie gefunden.

Experimente mit Historienfaktor

Schaumwein wird ebenfalls importiert, denn kaum einer versteht sich hier auf die Versektung: Mallorquinische Prickler wie der vom deutschen Kellermeister Thomas Wambsganss auf Castell Miquel erzeugte Espumoso aus Syrah-Trauben (!) sind die absolute Ausnahme.

Apropos Experimente und Deutsche: Auch Ca’n Vidalet erzeugt unter Leitung von Stefan Winterling kraftvolle Weine, die nicht selten zu den besten der Insel zählen. Ob die nur in Kleinstmengen erzeugte Selecció Familiar wirklich zu den allerbesten dunklen Weinen der Insel zählt oder nur zu den teuersten und alkoholreichsten, kann man diskutieren.

Manche Kenner halten die Spitzen der Gelabert-Brüder für mindestens ebenso interessant und streiten bloss, ob Toni oder Miquel die spannenderen Abfüllungen präsentiert. Und schliesslich wären da noch zwei Weine, nach denen man auch auf Mallorca suchen muss. Der Son Negre gilt als Steigerung des eh schon kultigen Ànima Negra, wird nur in besonderen Jahren gefüllt und eher zugeteilt als verkauft: zu mehr als stolzen Preisen, die man durchaus skeptisch diskutieren darf.

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Der Na Pujola des in deutscher-niederländischer Hand befindlichen Weinguts Finca Ses Talaioles wiederum ist zwar ebenfalls teuer, aber nicht obszön bepreist und kann locker mithalten, was Klasse und Seltenheit angeht.

Steigern kann das zumindest beim Raritätenfaktor allenfalls ein süffiger Weisswein aus dem Inselwesten – der auf Terrassen gedeihende und seiner Wiederentdeckung harrende Malvasía de Banyalbufar. Der war mal so berühmt wie Málaga und könnte es wieder werden, sofern sich genügend Enthusiasten finden, die an seiner Auferstehung mitwirken. Doch bei so vielen Touristen sollte sich über kurz oder lang der eine oder andere historisch interessierte Weinkenner finden lassen!

Zehn mallorquinische Weingüter für Inselexperten

Toni Gelabert, www.vinstonigelabert.com

Miquel Gelabert, vinsmiquelgelabert.net

4Kilos Vinícola, www.4kilos.com

Frank Maruccia, www.maruccia.com

Finca Ses Talaioles, www.sestalaioles.com

Ca’n Vidalet, www.canvidalet.com

Castell Miquel, www.castellmiquel.com

Miquel Oliver, www.miqueloliver.com

Ànima Negra, www.annegra.com

Cooperativa Malvasía de Banyalbufar, www.malvasiadebanyalbufar.de

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

Kommentare

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Thomas Wambsganss

Sehr geehrter Herr Faßbender,
der Artikel über Mallorca finde ich sehr gut geschrieben, nur einfach sehr schlecht recherchiert. Ich Thomas Wambsganss bin schon seit Sommer 2015 nicht mehr bei Castell Miquel. Seid Februar 2016 habe ich ein eigenes kleines und feines, Bio Zertifiziertes Weingut bei Manacor. Die Weine können Sie in ca. 2 Wochen bei der Firma Global Wein in Zürich probieren. Sie sind schon der 2. Journalist in der Schweiz der es komischer weiße nicht vorsieht genau zu recherchieren.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Wambsganss

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