Wer wissen will, wo man Weinbautradition mit Architektur überzeugend verbindet, sollte einmal nach Rheinhessen fahren.
Manche Weingüter sehen aus wie Paläste, manche wie Einkaufszentren, andere wie Tante-Emma-Läden. Erlaubt ist eben, was gefällt. Nun macht es aber mehr Vergnügen an einem Ort einzukaufen, der eine Wohlfühlatmosphäre vermittelt. So wie beim Weingut Neef-Emmich in Bermersheim bei Worms.
Der Wunsch, die alten Betriebsgebäude aus der Zeit um 1900 behutsam zu modernisieren, stand schon lange auf der Agenda der Besitzer Antje Stamm und Dirk Emmich. Aber es war nicht so einfach den Umbau zu planen, ohne die nötigen Arbeitsabläufe im Weingut zu beeinträchtigen. Dazu zählten nicht nur die Lesezeit und Kellerarbeit. Auch die Privatkunden sollten nicht zwischen Steinhaufen und Malerarbeiten schnell ein paar Flaschen kaufen müssen.
Aus alt mach neu
Während heute aber Winzer oft dazu neigen, sich einen kompletten Neubau hinstellen zu lassen, wollten Antje Stamm und Dirk Emmich lieber den Bestand der alten Gebäude nutzen und darin eine Atmosphäre schaffen, in der sie sich auch privat wohl fühlen. Ein gutes Händchen hatten sie dabei mit der Wahl ihres Architekten Dipl.-Ing. (FH) Winfried Klein.
„Er hatte zuvor noch nie für ein Weingut gearbeitet und sorgte dadurch für einen völlig frischen Blickwinkel von der Umgestaltung der Einfahrt bis hin zum Verkostungsraum“, blickt Antje Stamm zurück.
Dieser bietet auch das sichtbarste Ergebnis für Besucher. Aus dem zuvor abgegrenzten Zimmer wurde etwa durch das Entfernen von Zwischenwänden und der Freilegung der alten Sandsteinsäulen ein Raum geschaffen, in dem sich die Kunden häufig länger aufhalten als früher.
Bei Tageslicht, das durch die rahmenlosen, halbrunden Fenster direkt unterhalb der Gewölbekappen fällt, verkosten die Besucher nun in Ruhe die flüssigen Aushängeschilder des Hauses. Dazu zählen in erster Linie Weiss- und Grauburgunder, Riesling und Silvaner sowie St. Laurent. Weine, die Trinkvergnügen versprechen, nicht nur vor Ort.
Prämierte Architektur
Drei Jahre lang dauerten die Umbauten, bis das Resultat so ausfiel, dass es von der rheinland-pfälzischen Weinbauministerin Ulrike Höfken mit dem Architekturpreis Wein 2013 ausgezeichnet wurde.
„Moderne Architektur verleiht unserer Jahrtausende alten Weinbautradition die notwendige Frische, um ein anspruchsvolles Publikum zu erreichen“, meinte die Ministerin bei der Preisverleihung.
Und was sagen Kunden und Kollegen dazu? „Besucher und Winzer, die uns kennen, äussern sich sehr positiv und meinen, der Umbau passe zu uns“, erzählt Antje Stamm. „Andere Kollegen halten den Umbau für zu schlicht und zu puristisch.“
Nun, uns von der Redaktion gefällt die Umgestaltung. Und wem sie nicht zusagt, dem bleibt ein Trost, die Weine des Paares sind jedenfalls alles andere als schlicht.
Kontakt:
Weingut Neef-Emmich, 67593 Bermersheim, www.neef-emmich.de