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Weinkenner werden Teil 4 – Neuentdeckungen machen

Weinkenner werden Teil 4 – Neuentdeckungen machen
Copyright iStockphoto AnnaPustynnikova

Die Weinwelt wird immer vielfältiger und die Qualität von Wein weltweit immer besser. Der Weinkenner, der da mithalten will, sollte vor allem eines tun: Neugierig bleiben.

Mit Gewissheiten ist es so eine Sache. Da hat man gerade etwas gelernt – und schon ist es von neuen Erkenntnissen wieder überholt worden. Das gilt auch beim Thema Wein: Die Branche hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten rasant weiterentwickelt – und zwar weltweit. Wer auf dem Laufenden bleiben will, dem sei vor allem eins empfohlen: Weg mit den Scheuklappen!

Tipp 1: Gewohnheiten durchbrechen – Vorurteile abbauen

In rund der Hälfte aller Länder der Welt wird heute Weinbau betrieben. Laut Zahlen des Welt-Weinverbandes OIV wurden im Jahr 2016 weltweit 267 Mio. Hektoliter Wein hergestellt. Allein aus den fünf mengenmässig bedeutendsten Ländern Italien, Frankreich, Spanien, USA und Australien kamen rund zwei Drittel davon. Es gibt also eine Menge Wein auf der Welt – und damit viel zu entdecken.

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Vorurteile darüber, aus welchen Ländern oder von welchen Rebsorten angeblich keine guten Weine zu erwarten sind, halten sich hartnäckig. Dabei steigt die Weinqualität allerorten stetig. Lohnenswerte Entdeckungen lassen sich mittlerweile fast überall machen – wenn man bereit ist, die ausgetretenen Wege auch einmal zu verlassen.

Länder, die noch vor wenigen Jahren nur als Erzeuger von sehr einfachen Weinen galten, haben teilweise massiv aufgeholt: In Griechenland, Portugal, Rumänien, Moldawien, Slowenien und sogar China sind mittlerweile auch sehr ambitionierte Weinmacher am Werk.

Der schlechte Ruf vieler dieser Länder ist hierzulande oft der Gastronomie geschuldet. Während edle italienische und französische Restaurants mit entsprechend anspruchsvoller Weinkarte flächendeckend zu finden sind, bieten die Spezialitätenrestaurants anderer Länder oft eher einfache, bodenständige Küche – und dazu eine wenig ambitionierte Weinauswahl.

Oder beispielsweise Chile und Südafrika: Die beiden Neuwelt-Länder beliefern zwar nach wie vor die Supermärkte mit grossen Mengen günstiger Weine. Dennoch finden sich auch in diesen Ländern so einige Weingüter von Weltrang. Hier kann es helfen, den spezialisierten Wein-Fachhandel zu konsultieren – ob nun vor Ort oder im Internet. Oder gleich eine Weinreise ins entsprechende Land zu buchen.

Und auch andere vermeintlich unumstössliche Wahrheiten sollte man hinterfragen: Die Deutschen können nur Riesling? Vinho Verde, Soave, Montepulciano d’Abruzzo oder Dornfelder gibt es nur als günstige Alltagsweine? Cuvées sind weniger hochwertig als rebsortenreine Weine? Nur günstige Weine haben einen Schraubverschluss? Französische Top-Weine kommen nur aus dem Bordeaux oder Burgund? Edle Schaumweine nur aus der Champagne? Wer von all dem überzeugt ist, auf den warten so einige Überraschungen.

Tipp 2: Kombinationen testen – Welcher Wein passt zu welchem Essen?

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Wein ist nicht gern allein, was man an der Trinkkultur der klassischen Weinländer sieht: In Frankreich, Italien oder Spanien ist es eher unüblich, Wein pur zu trinken. Es gibt dazu immer wenigstens eine Kleinigkeit zu essen – wenn er nicht gleich ein Menü begleitet. Um den richtigen Wein zum Essen auszusuchen, muss man auch nicht unbedingt eine Ausbildung zum Sommelier absolvieren – man kann auch einfach selbst ein wenig herumprobieren.

Bekannt ist zum Beispiel die Regel „Weisswein zu hellem Fleisch – Rotwein zu dunklem Fleisch“. Und auch, dass man sie durchaus schon einmal brechen darf. Gute Anhaltspunkte gibt das Essen selbst: Kräftige Gerichte vertragen auch kräftige Weine. Zu leichter Küche nimmt man einen leichten Wein.

So passt zu Wildgerichten etwa oft ein tanninreicher Rotwein, zum Spargel eher ein leichter Silvaner oder Weissburgunder. Aber zu gegrilltem Fisch etwa kann man durchaus auch einen Rosé oder sogar einen etwas leichteren Rotwein reichen, und zu Rindfleisch mit heller Sauce, z. B. Tafelspitz, kann es auch ein kräftiger Weisswein sein.

Doch gerade auch gegensätzliche Aromen können in Kombination ein rundes Geschmacksbild ergeben. Vielerorts beliebt zu Käse ist trockener Rotwein – dabei ergeben fruchtbetonte Weissweine z. B. mit kräftigem Bergkäse eine viel reizvollere Kombination. Zu reifem Weich- und Schimmelkäse empfehlen Genuss-Experten Süssweine wie Port, Sherry oder Passito.

Generell muss ein Wein zum Essen auch nicht immer trocken sein: Gerade zu pikanten Gerichten, wie beispielsweise aus asiatischen Küchen, kann man gut halbtrockene Weissweine kombinieren, gerne auch von Aromasorten wie Gewürztraminer, Sauvignon Blanc oder Muskateller. Oder Stichwort Schaumweine: Sekt, Champagner, Prosecco und Cava sind beliebte Aperitifs – aber warum sie nicht auch einmal als Essensbegleiter probieren?

Tipp 3: Auf dem Teppich bleiben – Auch Profis wissen nicht alles

Als eine der härtesten Prüfungen der Welt überhaupt gilt der Master of Wine in London. Wer den prestigeträchtigen Namenszusatz „MW“ erwerben will, muss nicht nur lange genug in der Weinbranche gearbeitet haben, sondern in knallharten Tests seine umfassende Kenntnis der gesamten Weinwelt unter Beweis stellen – die Vorbereitung darauf dauert Jahre.

Der Titel wurde seit seiner Einführung 1953 erst an 356 Personen weltweit vergeben (Stand: März 2017). Das ist nur ein Bruchteil derer, die sich darum beworben haben: Die jährliche Durchfallquote, heisst es, liege bei 80 bis über 90 Prozent. Wer diese Prüfung schafft, kann sich also zur Elite im puncto Weinwissen zählen.

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Doch man muss nicht zu diesem kleinen Kreis der Wein-Universalgenies zählen, um Wein beurteilen zu können. Vielmehr sind selbst die Mehrzahl der Weinprofis auf bestimmte Länder oder Regionen spezialisiert. Und wer sich nicht beruflich mit Wein auseinandersetzt, muss erst recht nicht alles wissen.

Was aber einen Kenner, auf welchem Level auch immer, in jedem Fall auszeichnet, ist die Lust auf Neuentdeckungen. Das bedeutet auch: Wenn sich die Gelegenheit bietet, ein bisher unbekanntes Weinterrain zu betreten, sollte man sie auf jeden Fall ergreifen.

Die Serie „Wie wird man Weinkenner?“ umfasst vier Teile.

Bereits erschienen sind:
Teil 1: Wo man gute Weine findet
Teil 2: Wie man verkostet
Teil 3: Welches Zubehör sinnvoll ist

Über die Autorin

Alice Gundlach arbeitet seit 2005 als Journalistin, seit 2011 ist sie freie Autorin mit den Schwerpunkten Wein und Food. Davor schrieb sie schon als angestellte Redakteurin regelmässig über Weinthemen.

Sie ist spezialisiert auf die Weinregionen Deutschlands und Italiens.

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