zurück

Spätburgunder – edle Rebe mit vielen Namen

Spätburgunder – edle Rebe mit vielen Namen
Copyright iStockphoto Ina Peters

Die wichtigste deutsche Rotweinsorte führt ein Dasein als Chamäleon. Manche Winzer verbergen den Namen des Blauen Spätburgunders schamhaft auf dem Etikett und sprechen à la française vom Pinot Noir. In der deutschsprachigen Schweiz wiederum ist die Rebe als Blauburgunder bekannt. Da und dort wird sogar eine früh reifende Variante des Spätburgunders als Frühburgunder und damit als eigenständige Rebsorte proklamiert.

Der Name ist Programm: Spätburgunder reift vergleichsweise spät. Angesichts dieser Eigenschaft und all der sonstigen Probleme der roten Rebe mutet es wunderlich an, dass sie überhaupt noch existiert. Schon vor ein paar Jahrhunderten müssen kluge Menschen den besonderen geschmacklichen Wert des späten Burgunders erkannt und ihren Anbau gefördert haben.

Die besten Weine aus der Spätburgunder-Traube jetzt bei Weinclub.com im Shop

Da Pinot Noir nämlich krankheitsanfällig ist, hohe Ansprüche an die Lage stellt und kaum für die Erzeugung von Massenweinen taugt, lohnt sich der Anbau nur, wenn die aus ihm gekelterten Weine hohe Preise erzielen.

BURGUND ALS VORREITER

Genau das taten die berühmtesten Spätburgunder der Welt schon lange vor der Reblauskatastrophe. Bereits im 19. Jahrhundert genoss der Bourgogne Rouge, der manchmal freilich auch zu einem mehr oder weniger grossen Teil aus Gamay bestand, Weltruhm. Legendär waren damals auch schon die Rotweine vom Assmannshäuser Höllenberg, der wohl berühmtesten Spätburgunderlage Deutschlands.

Reifefähig ohnehin: Uralte Assmannshäuser präsentierten sich auf Verkostungen noch weit über 100 Jahre nach ihrer Abfüllung als fruchtige, süffige Spezialitäten, denen die besonderen Aromen des Pinot Noir anzuschmecken waren: Sauerkirschen, Himbeeren, ein paar Gewürze und eine schwer zu beschreibende, süsslich-würzig wirkende Frucht.

Verwechseln lässt sich so was mit den Duftnoten anderer Rebsorten kaum – also irgendwie verständlich, dass man früher als Spätburgunder-Synonym auch das Wort Süssrot nutzte. Während dieses heute verschwunden ist, hält sich in manchen Gegenden noch das Wort Klevner. Doch egal, wie sie sich nennt: Die Sorte, die wohl von einer Wildrebe abstammt, hat weitere Reben hervorgebracht.

Nicht nur den Frühburgunder, der beispielsweise an der Ahr oder in Franken eine Rolle spielt, sondern auch die weissen Sorten Grau- und Weissburgunder. Auch der Schwarzriesling, in Frankreich Pinot Meunier genannt, ist eng mit Pinot Noir verwandt und mitverantwortlich für viele grossartige Champagner.

ELEGANZ STATT KRAFT

Lese des Weinguts Johner, Bischoffingen, Deutschland
Lese des Weinguts Johner, Bischoffingen, Deutschland

Unverwechselbar ist er also, der Pinot Noir, aber auch ein Streitobjekt. Seine fruchtige Eleganz, verbunden mit frischer Säure, wird von vielen Weintrinkern geliebt, von anderen strikt abgelehnt. Man ist entweder Bordeaux-Fan, mag also kraftvolle Cabernets und Merlots, oder steht auf der Seite des Burgund, optiert folglich für die Rieslinge unter den Rotweinen.

Auf jeden Fall haben die deutschen Winzer allmählich gelernt, wie sie all jene faszinierenden Charakteristika des Spätburgunders herauszuarbeiten haben. Überwunden scheinen in vielen Weingütern die Holzexzesse der Achtziger und Neunziger des vergangenen Jahrhunderts.

Ob die besten Pinot Noirs in neuen oder gebrauchten Barriques ausgebaut werden müssen, ob es nicht auch grosse Holzfässer tun und wie man es mit Maischestandzeit und Entrappen hält, ist Gegenstand langer Erörterungen. Dass die wirklich grossen Pinot Noirs aber kaum je vom Holz dominiert sind, nicht alkoholisch breit ausfallen, sondern Glas für Glas zum Weitertrinken animieren, ist klar.

KLONE UND VORBILDER

Gestritten wird allerdings weiterhin über die besten Klone – dicht- oder lockerbeerige, alte oder neue – und das richtige Vorbild. Sollen deutsche Winzer die Bourgogne nachahmen, das Eldorado der feinen Rotweine? Sollen sie eigene Stärken herausarbeiten? Schieferböden wie an der Ahr können zu unvergleichlich mineralischen Pinots führen, die vulkanischen Lagen am Kaiserstuhl bringen ebenfalls sehr spezielle Weine hervor, fränkischer Muschelkalk sowieso.

Ausgewählte Spätburgunder jetzt bei Weinclub.com kaufen

Die besten deutschen Pinot Noirs jedenfalls haben längst die Grenze der 100 Euro pro Flasche überschritten, Stars wie August Kesseler, Paul Fürst und Fritz Becker müssen sich um Absatz nicht sorgen. Und der aktuell teuerste deutsche Pinot Noir ist zugleich einer der allerbesten: Der Wildenstein des gerade verstorbenen badischen Winzers Bernhard Huber gilt dank seiner nicht enden wollenden Finesse als unvergleichlich.

Fragt sich nur, zu welchen Speisen man ihn trinken soll. Je nach Stil und Holzwürze passt Spätburgunder zu hellem oder dunklem Fleisch, macht zu gebratenem Fisch eine gute Figur, kann sich auch mit einigen Käsesorten anfreunden. Reifer Spätburgunder mit seinen leicht welk wirkenden Frucht- und Laubnoten schmiegt sich dagegen perfekt an Wildgerichte an, und einen jugendlich-fruchtigen Spätburgunder Weissherbst kann man eh fast zu jeder Gelegenheit geniessen.

Über den Autor

Wolfgang Faßbender ist seit 25 Jahren als freier Journalist in den Bereichen Wein und Gastronomie tätig. Der gebürtige Leverkusener hat mehr als 80 Bücher geschrieben oder herausgegeben, arbeitet für viele Zeitschriften und mehrere Zeitungen, testet sich als Restaurantkritiker durch die Welt.

Er pendelt zwischen seinen Wohnsitzen im Rheinland und Zürich.

Kommentare

Sicherheitscode eingeben:

Nach oben

Jetzt Facebook-Fan werden und keine Story verpassen

Jetzt Facebook-Fan werden

Jetzt den Weinclub.ch
Newsletter abonnieren

Immer auf dem aktuellen Stand - das Weinclub.ch Mailing kostenlos abonnieren.

Datenschutz wird bei uns gross geschrieben - wir geben Ihre Daten niemals weiter. Der Newsletter kann jederzeit gekündigt werden.